44 Technische Voraussetzungen: Soundchips 2.5.3 Homesampling: Der Commodore Amiga Der Commodore Amiga kommt 1985 nach dem Apple Macintosh und dem Atari St als dritter 16 Bit-Heimcomputer auf den Markt. Wie seine direkten Konkurrenten basiert auch der Amiga auf der 68000er CPU von Motoro-la. Commodore Amiga (1985) CPU; Takt- MC 68000; 7,2 MHz frequenz RAM 256 kB bis 1 MB ROM bis 512 kB Datenträger Diskette Kapazität 880 kB Er besitzt mehrere von dem Ingenieur Jay Miner und seinem Team entwickelte Custom-Chips.83 Miner hatte bereits die in den Atari Heimcomputern 400/800 verbauten Spezial-Chips, zu denen auch der Po-key gehört, mitentwickelt. Von den Custom-Chips ist der Paula 8364 bzw. schlicht Paula genannte Chip für den Sound und die Controller-Verwaltung (Abfrage der Joystickports sowie I/O des Diskettenlaufwerks) zuständig. Die Sound-Hardware des Amiga besitzt von Haus eine Fähigkeit, die in voriger Spielhardware nur beim PC-Engine in vergleichbarer und beim Nes in rudimentärer Form implementiert gewesen ist: Sample-Playback.84 So unterstützt der Amiga die vierstimmige Wie-dergabe von gesampelten, digitalen Wellenformen (in 8 Bit-Auflösung mit variabler Samplingfrequenz von 20 bis 28867 Hz) ohne eine auf Tongeneratoren basierende Klangerzeugung zu besitzen. Die Samplingfrequenzen und Loopingpunkte lassen sich laut Hülsbeck recht flexibel programmieren, wodurch bereits auf dem Amiga Time-Stretching ähnliche Effektklänge möglich waren.85 Für jeden Samplekanal können Tonhöhe, Lautstärke und Panning bestimmt wer-den, des weiteren gibt es ein für alle Kanäle zuschaltbares Tiefpassfilter mit einer Eckfrequenz von 7 kHz, um ungewollte Frequenzen zu eliminieren. Hardwareseitig sind zudem Modulationen möglich, um Tremolo- und Vibrato-Effekte zu erzeu-gen (vgl. Collins 2003b). Bis zur breiten Verwendung des MOD-Formats werden für Amiga-Musik wie auch beim PC-Engine oder SNes vor allem kurze, geloop-te Teile von periodischen Wellenformen genutzt, um verschiedene Klangfarben zu erzeugen, eine Technik, die auch in den Chiptunes für Amiga (s. Kapitel 4.4) ver-wendet wird. Spätere Musik für Amiga-Spiele wird aufgrund des häufigen Einsat-zes von gesampeltem Audiomaterial für Schlagzeugsounds oder verzerrte Gitarren, der bei den bisherigen Klangerzeugern nicht oder nur schwer möglich war, als die den Konkurrenzplattformen (v. a. Atari St, C64 und PC) klanglich überlegene angesehen.86 83 Die Custom-Chips ›Agnes‹ und ›Denise‹ sorgen für die der Konkurrenz überlegenen Grafik- Fähigkeiten des Amigas, ›Paula‹ ist für die Klangerzeugung zuständig. Der sog. ›Blitter‹ dient als Beschleuniger für Vektoren und Polygone (vgl. Forster 2005: 107f). 84 Wie erwähnt können sowohl der SID des C64 als auch der Pokey, AY-Chip und SN 76489 AN über ein ausreichend schnelles An- und Ausschalten des 4 Bit D/A-Lautstärke-Registers einen de-facto Sample-Kanal bilden. Die Soundqualität dieses Verfahrens blieb jedoch meist unbe-friedigend. Auch gibt es für die meisten 8 Bit-Heimcomputer wie den C 64 und den Sinclair Spectrum bereits Hardware-Erweiterungen, die Sampling im kleinen Rahmen ermöglichen. Allen Verfahrensweisen ist gemein, dass sie nicht von den Entwicklern der Basishardware vorgesehen waren. 85 Er verweist im Interview auf die Titelmusik zu R-Type (Irem, 1987; Amiga: 1989; n102), in der diese Effektklänge deutlich hörbar sind (Hülsbeck 2005b). 86 Die von Chris Hülsbeck komponierte Hintergrundmusik zu Turrican II (Rainbow Arts, 1991; n103) ist eine bis heute viel beachtete Spielmusik. Hülsbeck benutzt auf dem Amiga ein eigenes Musikformat namens TFMX-Format. Die Komposition geschieht ähnlich wie in seinem