2.5 FM-Synthese und Sampling: neue Möglichkeiten der Klangerzeugung 45 Entwicklung der Tracker und MOD-Dateiformate Ein wahrer Boom der Amiga-Musik wird durch das Programm Ultimate Sound-tracker ausgelöst. Die erste Version und das dafür entwickelte MOD- (von »Mo-dule «) Dateiformat werden im August 1987 von dem bei der Spielefirma Eidos angestellten Karsten Obarski veröffentlicht. Der Soundtracker legt als tabellarische Kompositionshilfe, in welcher sich vierstimmige Arrangements aus Samples erstel-len lassen, den Grundstein für eine ganze Szene (die sog. Tracker-Szene), die in den 1990er Jahren für eine erste ›Welle der Euphorie‹ im Bereich der digitalen Musikproduktion sorgt, wie Tasajärvi (2004b: 35) bemerkt. Das MOD-Format enthält neben den einzelnen Samples die Informationen, wann und wie diese mit welchen Parametern gespielt werden sollen. Die Samples der jeweiligen MODs liegen ebenso wie die musikalischen Strukturen und Kniffe in der Programmierung der vier Kanäle und der Patterns grundsätzlich der Verwen-dung durch andere offen. Der Remix eines geöffneten MODs im Tracker, der somit gleichzeitig Produktions- und Abspielsoftware darstellt,87 liegt nur einen Mausklick entfernt, die Grenze zwischen Produzenten und Konsumenten wird aufgeweicht. MODs werden Standard in der Hacking- und Demo-Szene, um u.a. Demos der je-weiligen Gruppe klanglich zu untermalen.88 Auch der Begriff »Chiptunes« stammt ursprünglich aus der Demo-Szene und kennzeichnet die MODs, die auf kurzen, ge-sampelten Wellenformen beruhen.89 Ab Mitte der 1990er Jahre werden Tracker mehr und mehr auf dem PC verwendet, wodurch die Limitierungen der Amiga- Hardware für Tracker-Musik hinfällig werden. Durch die Entwicklung der Tracker (vielfältige Unterformate und Konkurrenz-Tracker erschienen in den Folgejahren) lernt eine ganze Generation an Computern und Musik interessierter Anwender die Verfahrensweisen elektronischer, samplebasierter Musik kennen.90 Außerdem ent-steht durch die PC-Portierungen und die Möglichkeiten des WWW eine – wenn auch auf subkulturelle Kreise begrenzte – OpenSource-Gemeinschaft, deren Mit- Soundmonitor-Programm für C64, indem einzelne arrangierte Patterns den vorhandenen Kanälen zugeteilt werden können. Bei normalen Trackern sind in einem Pattern immer alle Spuren gemeinsam enthalten, was weniger Flexibilität und einen höheren Speicherverbrauch bedingt, da die Musikdaten dadurch mehr Redundanzen enthalten (Hülsbeck 2005b). 87 In der Folgezeit wurden auch spezialisierte Player ohne Eingriffsmöglichkeit entwickelt, vor allem, um den vielen Formaten handhabbar zu werden. Der Deli Player (http://www.deliplayer.com; 14.03.2005) ermöglicht die Wiedergabe ver-schiedener MOD-Formate und spielt ebenso Musikdateien für SID, Nes, SNes, AY-Chip, Ad Lib etc. auf Windows-Plattformen ab. Für den populären Player WinAmp existiert ein die MOD-Wiedergabe ermöglichendes PlugIn namens Oldsk00l (http://www.winamp.com/plugins/details.php?id=2266; 18.07.2005). 88 Unter Demos versteht man audiovisuelle Demonstrationsprogramme die programmiert wer-den, um das Renommee der eigenen Crew bzw. Group zu steigern und auf speziellen Partys der Demo-Szene in Wettbewerben andere Crews zu schlagen (vgl. Tasajärvi 2004a). Eine Sammlung von Demos für den Amiga findet sich beim A.D.A. Amiga Demoscene Archive (http:www.ada.planet-d.net; 14.03.2005). 89 MOD-Archive finden sich auf http://www.chiptunes.org und http://www.modarchive.com (07.07.2005) 90 Vor allem die Programme Noise Tracker und Pro Tracker sowie – für PC – Im-pulse Tracker, Fast Tracker sowie Scream Tracker 3 sind als relevant zu erach-ten, für die Spieleproduktion ist eine Reihe von anderen Formaten entstanden (vgl. z. B. http://exotica.fix.no/tunes/unexotica/formats/index.html; 20.07.2005).