46 Technische Voraussetzungen: Soundchips glieder das Interesse an elektronischer Musik verbindet und die laut Tasajärvi un-abhängig von der Demo-Szene ist (vgl. Tasajärvi 2004b: 35).91 Neben Chiptunes und einer großen Zahl an Techno-Stilen orientierten Stücken finden sich im Fundus dieser Tracker-Szene auch solche, die die Möglichkeiten des Samplings äußerst kreativ ausnutzen, wie das Stück »Catch the Goblin!!« des Künstlers »Skaven« (n011).92 Viele bekannte Komponisten für Computerspielmu-sik wie Jeroen Tel, Bjorn Lynne, Olof Gustaffson, Andrew Barnabas, Jochen Hip-pel, Jesper Kyd und Frederic Motte gelangen darüber hinaus über die Demo- oder Tracker-Szene in die Spiele-Industrie. Verschiedene Datei-Formate, Inkompatibi-litäten zwischen diesen, sowie eine mangelnde Unterstützung durch die Industrie lassen Tracker-Musik jedoch nicht zu einer breiten Lösung für Endnutzer werden. Mit dem Aufkommen und nachhaltigem Erfolg des MP3-Dateiformats als quasi- Standard für digitale Musik im Internet wird mit Trackern produzierte Musik im-mer häufiger im MP3-Format verbreitet. Dabei gehen jedoch Vorteile des offenen Formats wie Editierbarkeit und geringer Speicherplatzverbrauch verloren. Bei der Entwicklung von Computerspielmusik werden z. B. für das Nintendo 64 (Nintendo, 1996) in großem Maße MOD ähnliche Dateiformate und Audio- Engines verwendet, da der geringe Modul-Speicherplatz kaum eine andere Mög-lichkeit für Digital Audio-Dateien zulässt. Auch auf dem PC wurden bis Ende der 1990er Jahre MOD-Dateien z. B. von Epic Megagames (in Unreal, 1998) oder dem aus der Demo-Szene stammenden Programmierteam Digital Illusions (Pinball Dreams (PC), 1993) verwendet. Tracker werden für den Amiga bis weit in die 1990er Jahre hinein weiterent-wickelt, beispielsweise durch Sample-Editoren oder softwarebasierte Synthesizer ergänzt oder schlicht in der Menge der speicherbaren Patterns erweitert. Auch gibt es Tracker, die bis zu acht Stimmen wiedergeben können (wobei Arbeit an die CPU abgegeben und so softwareseitig gemischt wird). Die »ExoticA!«-Webseite nennt auf ihrer »File Formats und Replays«–Übersicht 39 verschiedene Formate inklusive der Entwickler und verfügbaren Player.93 Seit Anfang der 1990er Jahre existieren den Amiga-Trackern technisch weit über-legene Versionen für den PC. Mit der PC-Soundkarte Gravis Ultrasound er-scheint 1991 eine auf das Arbeiten mit Trackern spezialisierte Hardware (Göhler 2004). Mit der Entwicklung virtueller Studio-Umgebungen und dem Aufkommen immer leistungsfähigerer Software in der digitalen Musikproduktion ab Ende der 1990er Jahre verliert die Verwendung von Trackern für die Musikproduktion mit dem Computer allgemein an Bedeutung, auch wenn weiterhin einige Netzlabels und Chiptune-Künstler weiterhin in gängigen MOD-Formaten (MOD, XM, S3M etc.) Musik publizieren. Der aktuelle Tracker Renoise für Windows XP bietet eine zeitgemäße Adaption der Tracker-Arbeitsweise: Er ist kompatibel mit einer 91 Auf den Servern von scene.org (http://www.scene.org; 20.04.2005) finden sich neben vielen MP3-basierten Netzlabeln auch die Archive der damaligen, auf dem MOD-Format basierenden Music Groups, die Vorläufer der heutigen Netzlabel-Szene sind. 92 Das Stück wurde 1995 mit dem Scream Tracker 3 (auf PC) komponiert und enthält u.a. Soundeffekte aus The Secret of Monkey Island (Lucasfilm Games, 1990). »Skaven« ist Mitglied der »Future Crew«: http://www.futurecrew.com/skaven/ (25.07.2005). 93 »ExoticA!« (http://exotica.fix.no/frames.html; 13.08.2004) kümmert sich vor allem um die Archivierung der exotischen, an MOD angelehnten Tracker-Formate und -Dateien.