60 Technische Voraussetzungen: Soundchips 2.7 Zwischenfazit: Eigenheiten von Soundchips Wie aus der quantitativen Schilderung von technischen Daten und Fähigkeiten der verschiedenen Soundchips ersichtlich wird, handelt es sich bei ihnen um Klanger-zeuger, die vor allem durch Limitierungen erklärt werden können. Diese Eigenart grenzt sie deutlich von den historischen elektronischen Musikinstrumenten ab, wel-che entlang ihrer Entwicklungsgeschichte seit den 1920er Jahren vor allem im Hin-blick auf die Überwindung bisheriger Limitierungen und in Betrachtung der durch sie möglichen Potentiale in Bezug auf neue Klangfarben, Mikrotonalität oder ähn-liche Aspekte diskutiert wurden.115 Das seit den 1950er Jahren stetig wachsende Feld der Computermusik thematisiert dagegen vor allem die Formalisierbarkeit von musikalischen wie klanglichen Strukturen.116 Die Determiniertheit von Soundchips durch Limitierungen wie mangelhafte Stimmbarkeit und Beschränktheit der möglichen Ausgestaltung von musikalischen Parametern wie Klangfarbe, Lautstärke und Tonhöhe sowie ihre grundsätzliche Abhängigkeit von der jeweiligen Hardwareumgebung machen Soundchips daher zu einem Kuriosum innerhalb der elektronischen Klangerzeugung, wenngleich die-se vom wissenschaftlichen Diskurs um elektronische und von Computern erzeug-te bzw. berechnete Musik bisher nicht erfasst wurde. Daher lässt sich kaum auf wissenschaftliche Aufsätze zurückgreifen und die qualitative Bewertung der zuvor erläuterten Fakten muss ebenso wie die im ersten Abschnitt erfolgte ›Archäologie‹ größtenteils ohne Rückgriffe auf externe Literatur geschehen. Es sei an diesem Punkt abermals darauf hingewiesen, dass Computerspielsyste-me industriell gefertigte Massenprodukte darstellen, die mit möglichst preiswerten Mitteln ein Höchstmaß an multimedialer Unterhaltung garantieren sollen. Vor al-lem Spielkonsolen basieren auf dem Geschäftsmodell, eine kostengünstige Hardware durch attraktive Software zu verkaufen und ihre Bauteile, also auch die Soundchips müssen in erster Linie die Vorgabe erfüllen, möglichst kostengünstig ihren Zweck zu erfüllen. Die vorgestellten technischen Details der unter diesen Umständen entwickel-ten Soundchips lassen einige qualitative Rückschlüsse und Thesen zu, die für den Aspekt der Programmierung/Komposition und damit im Endeffekt auch für die medienmusikalische Aufarbeitung von Wichtigkeit sind: – Die technischen Voraussetzungen determinieren die Computerspielmusik im star-ken Maße. Neben den Soundchips als Wiedergabemedium bzw. Instrument muss das jeweilige Speichermedium als Informationsträger für die Musikdaten sowie die Struktur der Musikdaten selbst Berücksichtigung finden. Diese unterliegen den v. a. ökonomisch bedingten, technischen Limitierungen und wirken auf die formale und klangästhetische Ausgestaltung ein. – Es lassen sich verschiedene Epochen in der Entwicklung von Computerspielmusik herausarbeiten, die stark mit den technischen Voraussetzungen verbunden sind. Kri- 115 Eine Übersicht der in den Anfängen der elektronischen Klangerzeugung entwickelten Instru-mente und der mit diesen Entdeckungen verbundenen Gedanken bieten Berrisch 1996 und Ruschkowski 1998. 116 Ruschkowski 1998 bietet einen Überblick über die Hauptbereiche der »ernsten« Computer-musik, der Partitur- (266ff) und Klangsynthese (285ff).