64 Strategien der Gestaltung von Computerspielmusik für Soundchips und Material bei der Analyse von Musik und Klang in Computerspielen zu jeder Zeit berücksichtigt werden muss (Stockburger 2003: 3). Im Fokus der vorliegenden Arbeit wird die Musik von Computerspielen darüberhinaus als Ergebnis einer Pro-grammierung begriffen, da Musik aus Soundchips nur durch die Programmierung dieser möglich ist. Da Juul Programm und Material als grundsätzlich trennbar de-finiert (2001: 36), tritt hier eine Leerstelle seiner eher auf narrative Strukturen in Spielen fokussierten Theorie zutage. Im Hinblick auf die Ordnungsinstanz des Programms für Soundchip-Musik fällt auf, dass anders als bei den modernen Beispielen Stockburgers die Musikroutinen der Soundchip-Zeit weniger die Organisation von Klangmaterial oder Soundeffekt- Dateien samt der ihnen je nach Spielgeschehen zugeordneten Parameter bezüglich ihrer räumlichen Verortung und entsprechende Mischungsverhältnisse zur Aufgabe haben. Vielmehr erfolgt die Organisation auf einer unmittelbareren Ebene: Musik- Daten müssen gelesen, in der Musikroutine zusammengesetzt und danach an den Soundchip geschickt werden. Bei den Beispielen der Soundchip-Musik ist das Pro-gramm somit weniger ordnende Instanz auf Mikro-Ebene als in modernen Audio- Engines. Nicht die ständige Anpassung des auditiv wahrgenommenen Spielgesche-hens steht im Vordergrund,1 vielmehr gliedern auf der organisatorischen Ebene die Strukturen des Spielinhalts die Computerspielmusik für Soundchips. Die als Ergeb-nis der Prozessierung von Daten eingespielte Musik ist damit ebenso eingebunden in einen funktionalen Rahmen, auch wenn dieser nicht so vielschichtig kategorisierbar ist, wie im Katalog von Stockburger. Soundchip-Musik in frühen Spielen besetzt bereits erste Schlüsseleigenschaften als Informationsgeber in interaktiven Spielen: Sie schafft Aufmerksamkeit, indiziert Gefahren oder Chancen. Nicht zuletzt ist sie auch ein genereller Stimmungsträ-ger, mit dessen Hilfe das Geschehen auf dem Bildschirm in der Wahrnehmung der Spieler in bestimmten Affekten verstärkt wird. Der erste Teil dieses Abschnittes widmet sich einer Systematisierung der verschiedenen Typen von Computerspiel-musik, unabhängig von ihrer Informationshaftigkeit. Letztere soll später unter der Überschrift adaptiver Musik erläutert werden. 1 In aktuellen Spielen wie Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty (Konami, 2002) oder Max Payne 2 findet aufgrund der dreidimensionalen Beschaffenheit der Spielwelt eine ständige Berechnung der Klangobjekte in Relation zum Listener-Objekt statt (vgl. Boer 2003: 55).