3.2 Eine Typisierung der verschiedenen Spielmusiken 65 3.2 Eine Typisierung der verschiedenen Spielmusiken Computerspiele als Produkt bestehen nicht allein aus dem Spiel als solchem, welches an dieser Stelle als während und durch die Eingaben des Spielers stattfindende multimediale Repräsentation einer Spielhandlung verstanden wird, sondern ebenso aus anderen Elementen, die letztere umrahmen. Spielhandlungen werden generell eingerahmt von mindestens zwei Elementen: Ein Intro- oder Start-Bildschirm und ein Game Over-Bildschirm.2 Es gibt – vor allem in Action-Spielen bis Anfang der 1990er Jahre3 – High Score-Listen oder die sog. »Endings«, in denen die Rahmenhandlung des Computerspiels nach er-folgreicher Beendigung zu Ende erzählt wird. Des weiteren existieren Menüs, in denen verschiedene, das Spiel betreffende Optionen geändert werden können.4 All diesen Elementen ist gemein, dass sie zunehmend musikalisch untermalt wurden, aber nicht zum Spielgeschehen zählen. Diese Elemente sind ebenso Teile des als Computerspiel verkauften Produkts, die Produktionsparadigmen der sie unterma-lenden Musik sind jedoch andere, als jene der mit den Spielhandlungen synchron laufenden Musik. Ich spreche bei dieser Form von Spielmusik daher von Sekundärer Spielmusik. Im eigentlichen Spielgeschehen gibt es je nach Genre verschiedene Level und Welten sowie mitunter versteckte, zu entdeckende Bereiche. Es gibt Bonusrunden, die erst nach einer erbrachten Leistung des Spielers spielbar sind, häufig existie-ren Zeitlimits und manchmal sogar Gegenstände, die selbst musikalisch sind. Also nach erfolgter Interaktion eine Melodie von sich geben oder eine im Hintergrund laufende Musik beeinflussen. Da solche Musik zeitlich mit den Spielhandlungen des Spielers zusammen fällt, spreche ich hier, den Konventionen der online ver-fügbaren Archive entsprechend, von Ingame Spielmusik.5 Eine das Spielgeschehen einleitende Melodie, genau so wie etwa die Melodie beim Ableben der Spielfigur, markieren demzufolge den Übergang von der Sekundären in die Ingame Spielmusik und umgekehrt. Dem historischen Fokus dieser Arbeit entsprechend stehen bei der folgenden Be-schreibung die Spiele der 8 und 16 Bit-Epoche im Mittelpunkt, wobei hier sowohl 2 Selbstverständlich existieren Spiele, die diese beiden Elemente nicht enthalten, wie z. B. Pong, das gänzlich ohne Intro-/Start- und Game Over-Bildschirm auskommt. Viele Strategie-Spiele wie Sim City enthalten außerdem keinen Game Over-Bildschirm. 3 Bei der Genre-Einteilung möchte ich der Differenzierung von Claus Pias folgen, der Compu-terspiele in drei basale Genres einteilt. Strategie-Spiele bieten dem Spieler ein konfigurations-kritisches Modell, an dem er im Spiel verschiedene Parameter ändert. Adventure-Spiele leiten den Spieler entscheidungskritisch durch eine in einer Datenbank abgelegte Geschichte, die von ihm auf diese Art nacherzählt wird. Action-Spiele fragen die Eingaben des Spielers zeitkritisch ab, wobei seine Aktionen möglichst im richtigen Takt zu erfolgen haben (vgl. Pias 2002: 10f). 4 Der erste Automat mit zwischenspeicherbarer High Score-Liste ist Asteroids (Atari, 1979). Mit zunehmenden Umfang der Spiele und dem verstärkten Implementieren explorativer Spiel-inhalte in nahezu allen Genres wurde der High Score in Computerspielen zunehmend über-flüssiger und ist heutzutage nur noch selten implementiert. Action-Genres wie Renn- und Sportspiele führen ihrem Sujet entsprechend weiterhin Bestenlisten. 5 In Archiven von Webseiten für gerippte oder in MIDI-Dateien arrangierte Computerspiel-musik, wie z. B. www.vgmusic.com, www.mirsoft.info oder www.zophar.net (alle URLs: 25.06.2005) wird der Begriff »ingame Music« häufig verwendet (engl.: in game = innerhalb des Spiels).