76 Strategien der Gestaltung von Computerspielmusik für Soundchips Hintergrundmusik von Carnival wird pro Wiederholung schneller abgespielt und um ca. einen Halbtonschritt nach oben transponiert. Die Technik der zunehmenden Abspielgeschwindigkeit einer Hintergrundmusik fungiert darüber hinaus in vielen Spielen als unterstützendes Zeichen für ein na-hendes Ende der zur Verfügung stehenden Zeit und somit als Indikator für gebotene Eile bzw. drohende Gefahr. So soll der Spieler die restlichen Gegner töten, bevor die Gefahr der bösen Geister naht, wie in Bubble Bobble, oder er wird daran erinnert, vor Ablauf der zur Verfügung stehenden Zeit das Ende des betreffenden Levels zu erreichen (vgl. Whalen 2004: o. S.). Eine eingeblendete Aufforderung (i. d. R. »Hurry Up!«) unterstützt häufig den musikalischen Appell an den Spieler, sich zu beeilen. Zumeist wird auch ein passender Soundeffekt eingespielt, wie z. B. in Rainbow Islands (n037) und Super Mario Bros. (n038). Adaptive Soundeffekte: die Technik des Mickey Mousing Whalen (2004) weist darauf hin, dass im Gegensatz zum häufig geführten Vergleich des Mediums der Computerspiele mit dem Medium Film ein Vergleich zwischen Animationsfilmen (Cartoons) und Computerspielen angemessener erscheine.29 Ge-rade für die Betrachtung von Computerspielen vor der CD-ROM-Technologie gilt dieses in besonderem Maße, da erst durch die auf der CD vorhandenen Speicher-kapazität die verstärkte Produktion von grafisch opulenteren Spielen einsetzt.30 Er bemerkt, dass sowohl Spiele als auch Animationsfilme reduktive Elemente ent-halten, die eine Wirklichkeit eher emulieren denn simulieren, d. h. die Welten in Animationsfilmen wie auch in Computerspielen entsprechen weniger einer Nach-bildung der Realität. In beiden Fällen wird vielmehr eine Welt konstruiert, in der viele Elemente aus unserem Alltag entweder fehlen, in ihrem Detailgrad reduziert oder den Fähigkeiten der Spielfigur angepasst werden. Mittels dieser Behandlung wird ein Gewicht auf die vorhandenen Elemente gelegt. Ebenso werden v. a. beim Cartoon synchronisierte Soundeffekte und musikali-sche Elemente verwendet, um bestimmte Bewegungen auf dem Bildschirm bzw. im Spiel stattfindende Handlungen zu untermalen. Whalen nennt als Beispiel die musikalische Untermalung von Gewalt in der Filmserie »The three Stooges«, durch welche die dargestellten Aktionen mittels des akustischen Kontrapunkts (z. B. ein Paukenschlag bei einem Schlag in die Magenkuhle) ihren Realismus verlieren und die Zuschauer zum Lachen bringen. Danach zitiert Whalen Studien, denen zufolge die klangliche und musikalische Untermalung von bewegten Figuren dafür sorgt, dass diese lebendiger wahrgenommen werden als ohne Untermalung. Er benutzt hierfür den aus der Filmmusik bekannten Begriff des Mickey Mousing für die Syn-chronisation von Bewegung und auditiven Elementen. 29 Zu der Diskussion von Film und Computerspielen vgl. z. B. den Sammelband »ScreenPlay« (King/Krzywinska 2002) 30 Erst durch die zunehmende Implementierung filmischer Elemente entstehen denn auch die ›filmischen‹ Unter-Genres der Computerspiele. Diese arbeiten in den sog. Cutscenes und auch während des Spielgeschehens in 3D-Umgebungen mit Kameraeinstellungen, Schnitten und nicht zuletzt einer den Szenen entsprechenden (Film-)Musik, um Spannung zu erzeugen. Als Paradebeispiel darf das »Survival-Horror«-Genre gelten (z. B. die Spielserien Resident Evil (Capcom, ab 1996) oder Silent Hill (Konami, ab 1999)).