3.2 Eine Typisierung der verschiedenen Spielmusiken 77 In Computerspielen ist die Synchronisation von Spielgeschehen und Soundeffekt notwendig für eine koheränte Präsentation des auf dem Bildschirm Gezeigten, als Unterstützung des Feedbacks, dass der Spieler etwas am Output des Spiels ändert. Daher sind synchronisierte Soundeffekte meist implementiert.31 Gänzlich ›stumme‹ Computerspiele finden sich wenige, und wenn, dann vor allem auf Plattformen mit einer mangelhaften Klangerzeugung (wie dem Atari VCS, Sinclair ZX Spec-trum, Apple II oder IBM PC), sowie in Genres, die wenig direktes Feedback benötigen, wie Adventure- oder Strategiespiele. Schon Pong gab, wie erwähnt, ein akustisches Feedback für jede Schlägerbe-rührung des Balls ab. In späteren Spielen werden Aktionen wie Springen, Laufen, Schießen etc. i. d. R. akustisch untermalt: Diese Synchronisation durch Sound-effekte ist in digitalen Spielen allgegenwärtig. Die sonische Thematisierung von Bewegung im Sinne des Mickey Mousing wird meist mit Glissandi innerhalb der Soundeffekte erreicht. So zum Beispiel beim Springen in Bubble Bobble, durch Motorgeräusche in frühen Autorennspielen, die Geschwindigkeit reflektieren (bspw. Pole Position, Namco 1982) oder hinunterfallenden Gefahren wie bei den Mon-stern in Bomb Jack (diese werden durch absteigende Glissandi markiert; n007). Auch werden musikalische Parameter in Soundeffekte integriert. So liegt der Hüpf- Klang beim ›großen‹ Mario (in Super Mario Bros.) eine Oktave tiefer als beim ›kleinen‹ Mario (vgl. Whalen 2004). Bei Mr. Do! (Universal, 1982) werden schnell nacheinander aufgesammelten Kirschen mit einer aufsteigenden Tonleiter charakterisiert, wodurch die Zahl von eingesammelten Boni und damit die steigen-den Punkte reflektiert werden. Ganz anders sieht es mit der musikalischen Untermalung von Computerspielen. Die Nähe der Technik zum Mickey Mousing bei musikalischen Einspielungen mit starker Nähe zu Soundeffekten, wie den erwähnten Schlusskadenzen von geschei-terten Spielfiguren liegt auf der Hand. Durchkomponierte Hintergrundmusiken für Soundchips, die synchron zum Spielgeschehen laufen, sind dem Autor nicht be-kannt. Auch gestaltet sich ihre Umsetzung technisch schwierig, da sich das konkre-te Spielgeschehen eines Computerspiels vom zeitlichen Verlauf her aufgrund seiner Abhängigkeit vom Input des Spielers nicht hervorsagen lässt. Eher sind es daher z. B. bestimmte Stilistiken der Hintergrundmusik, die den Affekt zur Bewegung unterstützen oder Bewegung thematisieren. Ein diese Überlegung illustrierendes Beispiel ist das ›fetzige‹, mit Sambarhyth-mus unterlegte Thema (n039), wenn Mario in Super Mario Bros. einen Stern auffängt und danach für einige Zeit Unsterblichkeit erlangt.32 Die durch eine ent-sprechende Musik beim Spieler hervorgerufene Stimmung kann also zu einer dem 31 Tennis for Two (1958, vgl. Burnham 2001: 28) sowie Space war! (1961) gelten als Vorläufer der modernen digitalen Spiele. Sie waren gänzlich ohne Soundeffekte programmiert, auch das bereits erwähnte Magnavox Odyssey (1972) enthält keine Klangerzeugung. Frühe Beispiele für kleine, die Klangausgabe von Großrechnern nutzende Anwendungen stellt ein bereits in den 1960ern geschriebenes Demonstrationsprogramm für den Whirlwind Computer namens Bouncing Ball dar. Es bildet einen hüpfenden Ball auf dem Kathodenstrahlmonitor ab, wobei das Hüpfen mit einem lauten ›thok‹ aus dem Lautsprecher synchronisiert ist (vgl. Graetz 2001: 44f). 32 Dieses Beispiel kann ebenso als Adaptivität durch Bruch bzw. Wechsel der Musik gewertet werden (Kap. 3.2.3).