3.3 Strategien der Gestaltung im Spiegel der technischen Limitierungen 93 Hauptspeicher großen Beschränkungen unterliegt, wie die in Kapitel 2 vorhandenen Informationskästen zu den jeweiligen Systemen illustrieren. Der für die Musikinstruktionen für Soundchips reservierte Speicherplatz in frü-hen Computerspielsystemen liegt laut Collins (2004a: 3f), die Intellivision und Nes als Beispiele nennt, bei ungefähr 10 % des Datenträger-Speicherplatzes. Leo-nard (2001: o. S.) erwähnt für das Nes einen Speicherplatz von bis zu 40 kB, bei einer maximalen Modulgröße von 512 kB. In der High Voltage SID Collection, die einen Großteil der für den Commodore C64-Soundchip programmierten Musik enthält,55 finden sich nur wenige von Spielen extrahierte SID-Dateien, die größer als 25 kB sind. Diese enthalten häufig gesampelte Klänge wie z. B. die SID-Dateien der Spiele Ghostbusters (Activision, 1984; n053), Lemmings (Psygnosis, 1993) und Ghouls ’n’ Ghosts (Capcom, 1989; n053).56 Im Vergleich dazu ist das bereits erwähnte, mit 16 Minuten äußerst lange Knuckle Busters (n023) als SID-Datei nur 7 kB groß. Vosburgh sagt im Hinblick auf die Entwicklung von Computerspielmusik für den Commodore C64: »[P]laying the second fiddle to the graphics means you get allocated only a tiny share of the computer’s memory, typically between 4K and 6K. Not only do you have to fit your tune into that space, you also have to find room to define all your sounds — not just for the music, but also for the game-activated sound effects« (vgl. Vosburgh o. J.). Chris Hülsbeck erläutert im Interview detailliert, welche Speicherbereiche des C64 er mit der Zeit nutzen konnte und deutet darüber hinaus an, welche anderen ma-schinennahen Limitierungen auf die Art der Speicherverwaltung und der Zwischen-speicherung von Programm und Daten Einfluss genommen haben: »Zu dem Zeitpunkt, als ich angefangen habe [1984–1985], haben noch recht wenig Spiele alle Datenbereiche des C64 ausgenutzt. Die meisten Spiele haben erstmal nur in den RAM-Bereichen gearbeitet, die nicht überlappt waren von irgendwelchen ROM-Bereichen. Nach diesem ganzen Zero Page- und Bild-schirmspeicher gab es einen Bereich, der normalerweise offen war, wo man sein BASIC-Programm abgelegt hätte. Der Bereich war relativ groß und die meisten Spiele haben den belegt für ihren Programmcode. Dann gab es einen Speicherbereich, der war nur 4 kB groß, gerade über dem BASIC-ROM. Am Anfang habe ich natürlich erstmal diesen 4K-Bereich ausgenutzt, weil der außerhalb vom BASIC-Speicher war. Das heißt, man konnte den direkt be-schreiben und lesen, ohne dass man irgendwelche ROM-Bereiche ausblenden musste. [. . . ] Die 64 K Speicherstellen [der Hauptspeicher des C64] stellten theoretisch RAM dar. Der C64 hat aber auch ein BASIC-ROM und ein Be-triebssystem, die alle irgendwo laufen müssen in diesem 16 Bit Adressbe-reich. Mehrere dieser Speicherbereiche wurden von einem ROM überlagert. [. . . ] Wenn man von dem Maschinenprogramm aus das entsprechende Bit ausschaltet, dann sieht der Prozessor das RAM, und wenn man das Bit ein-schaltet, dann sieht er das ROM. [. . . ] Wenn meine [spätere] Musikroutine aufgerufen wurde, dann hat die als erstes dieses Bit umgeschlagen, damit man 55 http://www.hvsc.c64.org/ (26.07.2005). Die »High Voltage SID Collection« umfasst zum Zeit-punkt dieser Arbeit (Sommer 2005) über 17000 verschiedene SID-Dateien. 56 Komponisten/Programmierer der genannten Titel sind laut File-Tags der Reihenfolge nach Adam Bellin, Jeroen Tel und Tim Follin.