4.4 Chiptunes 115 »[A]lthough there is some degree of nostalgia involved as these were the games that I grew up with, the real attraction of making music in this way is the challenge of working within the limits of these pieces of hardware. In a game boy you have 4 channels to work with [. . . ]. With an NES you basically have the same setup [. . . ]. Now composing interesting tunes under these constraints makes one squeeze everything they can out of these little soundchips, tweaking wave properties on every frame, or using hyper arpeggios to ›fake‹ chords ... In my opinion, this fosters creativity and imagination [. . . ].« (zit. n. Zaremba 2002, Hervorh. i. O.) Die Herausforderung durch Technik treibt manche Programmierer zu noch älteren Plattformen: So benutzt ein kleiner Kreis von Musikern das Atari VCS mit seinen 32 Tonhöhen pro Klangkanal, um Chiptunes zu produzieren. Es wird dafür auf-grund seiner mangelnden Polyphonie auch doppelt verwendet, wie in Paul Slocums »Up on the Housetop« (n097). Chiptunes-Künstler pflegen einen regen Austausch über das Internet wobei neben Demo-Szene-Portalen wie pouet.net auch Seiten wie micromusic.net oder vorc.org eine wichtige Rolle spielen.36 Chiptunes können offensichtlich gegliedert werden nach den verschiedenen Hard-wareplattformen/ Soundchips, für die sie komponiert werden. Außerdem lassen sich nostalgische, konservative oder auch ›retro‹ Chiptunes von denen trennen, die mo-dernere Musikstile reflektieren. Die Künstler ersterer bleiben in einer gewissen Nostalgie mit den 1980er Jahren bzw. der 8 Bit-Zeit verhaftet und wollen diese mit denselben Maschinen, Klängen und/oder Musikstücken zelebrieren. So finden sich häufig Remakes oder Konvertierungen bekannter Themen von Computerspiel- Klassikern von einem Chip zum anderen.37 Auch lassen sich die für Amiga ent-standenen Chiptunes der Demo-Szene von jenen für PSGs differenzieren. Chiptunes für den Amiga benutzen wie erwähnt verschiedene Tracker als Hauptkompositi-onstools und damit Tracker-Formate als Dateiformat, in welchen jedoch in erster Linie kurze, geloopte Wellenformen als Samples verwendet werden, die eine den PSGs ähnliche, simple Klanglichkeit bei entsprechend geringem Speicherplatzver-brauch ermöglicht und die in Trackern entstandenen Chiptunes deutlich von der sog. Tracker- oder MOD-Musik (vgl. Kapitel 2.5.3, S. 45) abgrenzt. Ein eigenes Format für Chiptunes der Demo-Szene wurde ab Anfang der 1990er Jahre mit den sog. »Music Disks« gefunden, auf welchen eine bestimmte Anzahl von Chiptunes von einer eigens programmierten Player-Software präsentiert werden.38 35 »Nullsleep« ist ein überaus respektierter Chiptunes-Künstler und Mitglied des Kollektivs 8bit-people (http://www.8bitpeople.com; 01.08.2005). Sein die 256 möglichen Speicherstellen für verschiedene Patterns im Game Boy-Modul Little Sound DJ komplett ausnutzender »Me-gamix « berühmter »Depeche Mode«-Songs (n096) ist in der Szene legendär. 36 Die japanische Portalseite http://www.vorc.org (07.06.2005) widmet sich neben Rezensio-nen von im Internet veröffentlichten Chiptunes bzw. Micromusic auch dem Austausch zwi-schen japanischer Soundchip-Musik-Kultur und denen Amerikas und Europas. Die Seite http://www.pouet.net (13.07.2005) ist eine Plattform rund um die aktuelle Demo-Szene. http://www.micromusic.net (12.06.2005) stellt eine vielbesuchte Plattform für Micromusic und Chiptunes dar. 37 Beispielsweise die Adaptionen verschiedener C64-Musikstücke wie »Giana Sisters« und »Shades« für den YM 2149 von Jochen Hippel, die sich in dem Archiv http://www.chiptune.de/ym/c64_convertions.zip (19.07.2005) befinden. 38 Ein Archiv für Amiga-Musicdisks findet sich unter http://ada.planet-d.net/indexdemo.php?category=musicdisk (19.07.2005).