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Neue Klangräume – neue Klanggestalten

Hans-Peter Haller

Musik ohne Klangraum ist undenkbar.

Klangraum, Zeitraum und Klangbewegung bedeuten heute keine Starrheit des elektronisch erweiterten Klanges.

Der Komponist komponiert im Raum für den Raum.

Der Raum wird zur formalen Funktion der Komposition.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

wie Sie sicherlich nach diesen wenigen Sätzen feststellen, spreche ich in erster Linie zu Ihnen als Musiker. Ich bin weder Techniker, noch Informatiker, auf jeden Fall kein Computerfreak. Daß ich trotzdem Kenntnisse über Elektrotechnik, über Computertechnik besitze, verdanke ich allein meiner Neugierde, meinem Suchen und Fragen nach neuen Technologien und ihre Einbeziehung in meine musikalische Arbeit. Als Kirchenmusiker hatte für mich der Raum, in dem wir Musik interpretieren, immer Priorität. Dabei denke ich z. B. an die Emporen von S. Marco in Venedig, ein Raum, für den aufgrund seiner Architektur mehrchörige Musik komponiert wurde. Oder im krassen Gegensatz dazu: der Musikpavillon, die Konzertbühne mit der ihr eigenen komplexen Schallabstrahlung in einer nahezu gebündelten Richtung. Je mehr ich mich mit diesem Klangraum beschäftigte, umso mehr mußte ich einsehen, daß die Geschichte des Raumproblems geprägt ist von unterschiedlichen Begriffen, von widersprüchlichen Aussagen und vor allem von philosophischen Auseinandersetzungen. Im Folgenden spreche ich ausschließlich über Fragen des Wahrnehmungs- und Sinnesraumes, der Raum, der von den verschiedenen Arten der Wahrnehmung erschlossen wird, nämlich Sehraum, Hörraum und Tastraum. Vergleichen wir diese drei Räume, dann müssen wir leider feststellen, daß der Hörraum – und das ist gerade der Raum, in dem ich neue Klangräume entwickeln möchte – daß dieser Hörraum die schlechteste räumliche Übersicht vermittelt. Es ist nun nicht meine Absicht und auch nicht meine Aufgabe, einen Bericht über den heutigen Stand der Raumforschung zu geben. Einige Angaben sind jedoch als ergänzende Information zum ersten Teil meines Themas Elektronische Klangsteuerung in Echtzeit, neue Klangräume, zum besseren Verständnis meiner Ausführungen hilfreich.

Der Hörraum ist, wie schon erwähnt, bedingt raumvermittelnd, er ermöglicht nur eine sehr ungenaue Schätzung der Entfernung, die Wahrnehmung von Bewegungen, vor allem die Lokalisierung der Raumrichtung von Hördaten. Ist unser Sehvermögen intakt, so ordnet man akustische Raumwerte meistens mit in den Sehraum. Wir können diese Erfahrung immer wieder im Live-Konzert machen. In diesem Falle kann der Sehraum als stellvertretend für den ganzen Wahrnehmungsraum gelten. Hörformen sind mehr zeitlich als räumlich (vergleichen wir hierzu


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