- 429 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Distanz ein Resümee der bisherigen Entwicklung aus meiner Sicht vorzunehmen. Im ersten Teil meines Vortrags werde ich einige grundsätzliche Überlegungen zur Softwareentwicklung äußern und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, diskutieren. Im zweiten Teil werde ich exemplarisch einige wenige ausgewählte Programme vorstellen, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Die Leitthese für meine Ausführungen ist wie folgt:

Ein großer Teil der kommerziellen multimedialen Musik-Lernsoftware wurde zielgruppenunspezifisch entwickelt, d. h. die Nutzer sind mit ihren Bedürfnissen den Herstellern offensichtlich unbekannt. In den meisten Fällen überfordern diese Produkte den Laien, sind aber für die Musikanalyse im Bereich der professionellen Musikausbildung durchaus verwendbar. Auf der anderen Seite sind für den Massenmarkt konzipierte Infotainment-Programme so lückenhaft (wie z. B. in lexikalischen Darstellungen), daß ihre Anwendung innerhalb der Lehre indiskutabel ist. Es entsteht der Eindruck, als ob sich multimediale Konzepte in den letzten acht Jahren kaum weiterentwickelt haben bzw. sogar verflacht sind.

Das Desinteresse der Musikindustrie an der Population der Wissenschaftler und Pädagogen: Der MIDI-Computerflügel (DisklavierTM)

Die Schwierigkeit, in der Musikwissenschaftler bei der Nutzung kommerzieller Produkte der Musikelektronik-Industrie stecken, zeigt sich aus meiner Sicht am „Flaggschiff“ der mit MIDI ausgestatteten Musikinstrumente: dem Computerflügel der Firma Yamaha. Hierbei handelt es sich zwar um Hardware, doch betreffen die Schwierigkeiten, die aus der Konzeption für eine falsche Zielgruppe resultieren, auch die weiterverarbeitenden Sequenzerprogramme. Ich möchte in keiner Weise den Eindruck erwecken, ich sei nicht froh darüber, daß dieses Instrument überhaupt existiert, doch sehe ich gleichzeitig ein grundsätzliches Dilemma, das vermutlich nicht lösbar ist: Ich möchte die Behauptung wagen, daß dieses Instrument nie dazu gedacht war, daß es einige besonders innovative Wissenschaftler zur Aufnahme und Analyse von Performancedaten verwenden.

Wie man dem Katalogprospekt2

2
Abbildung aus dem Prospekt zum DisklavierTMMark II der Firma Yamaha Europa, 1999, S. 2.
entnehmen kann (s. Abbildung 1), war die Zielgruppe in erster Linie eine wohlhabende Bevölkerungsgruppe, die sich beim Teetrinken nicht von einer HiFi-Anlage, sondern von einem von Diskette gespeisten Diskflügel unterhalten läßt. Erst weiter hinten im Prospekt erscheint die Anwendung im Ballettunterricht (als Ersatz für den teuren Klavierspieler) oder im Musikunterricht (als Music-Minus-One-Partner zur Leistungskontroll-Aufnahme oder zum vierhändigen Üben daheim, sofern ein eigenes Disklavier vorhanden ist). Die Probleme, die daraus entstehen, daß ein durchaus innovatives Produkt von einer anderen Zielgruppe verwendet wird als der, für die es ursprünglich entwickelt wurde, zeigt sich beim Vergleich einer akustischen mit einer in den Flügel rückgespielten MIDI-Aufnahme. Hierzu wurde ein mir zur Verfügung stehender Diskflügel


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