- 54 -Homann, Rainer: Die Partitur als Regiebuch 
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klärt dabei, wie Musik einerseits als zutiefst abstrakte, innerliche Kunstform sich jeglicher Gegenständlichkeit sowie Begrifflichkeit gegenüber versperrt und andererseits konkrete Inhalte auf ihre spezifische Weise zur Darstellung bringt. Im weiteren Verlauf seiner Musikästhetik bezieht Hegel diese Erkenntnisse dann auch auf die Oper, wobei sein Anspruch an die Kunstform Oper mit dem Felsensteins identisch ist. »In der eigentlichen Oper hingegen, die eine ganze Handlung durchweg musikalisch ausführt, werden wir ein für allemal aus der Prosa in eine höhere Kunstwelt hinüberversetzt, in deren Charakter sich nun auch das ganze Werk erhält, wenn die Musik die innere Seite der Empfindung, die einzelnen und allgemeinen Stimmungen in den verschiedenen Situationen, die Konflikte und Kämpfe der Leidenschaften zu ihrem Hauptinhalt nimmt, um dieselben durch den vollständigsten Ausdruck der Affekte nun erst vollständig herauszuheben.«10
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Werke in 20 Bänden, Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1970, Bd. 15, S. 213

Wegen dieser Identität zwischen Hegel und Felsenstein im Ausgangspunkt und zur Klärung der oben zitierten Schwierigkeiten, die die theoretische wie praktische Aufhebung der »Dualität Musik und Szene, Gesang und Darstellung« auch für die Analyse von Opern und ihren Inszenierungen nicht zuletzt wegen ihrer musikästhetischen Implikationen mit sich bringt, stellen Hegels Gedanken zur Musik einen äußerst produktiven Beitrag dar.

3.1.  Felsensteins »musikalisches Theater« als Einheit von Musik und Szene

Ziel der Beschäftigung mit Hegels Musikästhetik soll die Klarstellung des Verhältnisses von Musik zu gegenständlichen Prozessen und begrifflichen Inhalten sein, um so Paradigmen zur Beschreibung szenischer Vorgänge in Felsensteins Operninszenierungen gerade im Hinblick auf seinen Anspruch, musikalisches Theater produziert zu haben, zu finden. Weiterhin sollte der so strukturierte Blick auf die Szenen die eher abstrakten musikästhetischen Überlegungen verdeutlichen und ihre Tragfähigkeit für Analysen von Operninszenierungen beweisen.

3.1.1.  Felsensteins Musikästhetik

»Denn gerade diese Sphäre, der innere Sinn, das abstrakte Sichselbstvernehmen ist es, was die Musik erfaßt und dadurch auch den Sitz der inneren Veränderungen, das Herz und Gemüt, als diesen einfachen konzentrierten Mittelpunkt des ganzen Menschen, in Bewegung bringt.« (Hegel)

Felsensteins Anspruch an Musiktheater setzt voraus, dass in den musikalischen Prozessen, notiert in der Partitur, Informationen für die szenischen Abläufe zu finden, also aus der Partitur zu »lesen« sind. Diese Prämisse stößt auf die Problematik


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