- 34 -epOs Verlag Osnabrück - epOs-Music - Humor in der Musik - Geschichten, Essays, Satiren 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (33)Nächste Seite (35) Letzte Seite (180)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

<

Herbert Rosendorfer: Die Karriere des Florenzo Waldweibel-Hostelli

          Mit freundlicher Genehmigung der F.A.Herbig Verlagsbuchhandlung


Da die Anfänge der Laufbahn des heute weltberühmten Komponisten Florenzo Waldweibel-Hostelli absichtlich im dunkeln gehalten werden, ist nicht auszumachen - im Grunde genommen ist es

auch gleichgültig -, wer als erster von den beiden in das Haus Annenstraße 14 eingezogen ist:

Florenzo Waldweibel-Hostelli (damals noch Chemielaborant und ziemlich glückloser Schriftsteller) oder Erich Sagasser, der Pianist. Ob man in dem Zusammenhang und in Anbetracht dessen, wozu das alles geführt hat, von Schuld oder Dank und von Glück oder Unglück sprechen soll, lasse ich dahingestellt, nicht zuletzt, weil mir eine fachliche Würdigung der kompositorischenWerke Waldweibels (von denen damals noch nicht einmal in Ahnungen die Rede sein konnte) fernliegt. Fest steht jedenfalls, daß die jeweils aus nur einem Zimmer bestehenden Wohnungen Sagassers und Waldweibels nebeneinander im gleichen Stockwerk lagen.

Ich glaube nicht, daß Waldweibel selber - selbst wenn er nicht mehr als jeder andere besorgt wäre, seine Anfänge zu verschleiern - die Stunde oder wenigstens den Tag anzugeben vermöchte, an dem es eigentlich anfing. Wie alle Dinge, ob groß oder klein, war es auf einmal da, ein Faktum, gewoben aus tausend Gründen im Bewußten und Unbewußten, die, wie alles, die Ahnenkette ihrer Kausalitäten wenigstens theoretisch bis auf den Urgrund unseres kosmogonischen Weltenstrudels zurückzuführen konnten: der Pianist Erich Sagasser übte. Er hatte einen bescheidenen, nichtsdestoweniger ermunternden Preis bekommen. Er bereitete sich auf einen Klavierabend vor, den er beim Volksbildungsverband geben sollte; überhaupt war er jung, fleißig und strebsam, und als ein solcher Pianist übte er eben. Er übte vormittags, er übte nachmittags, gelegentlich übte er abends. Als der Tag seines Konzerts näherrückte, übte er auch am Wochenende. Er spielte lange und komplizierte Tonleitern, um seine Finger geschmeidig zu halten. Er spielte sehr laute Oktavenparallelen, um Kraft in den Gelenken zu bekommen. Er übte säuselnde, elegische, hüpfende oder donnernde Etüden. Er spielte Bach, Schubert und Chopin. Er spielte Brahms, Skrjabin und Bartók. Er übte gelegentlich ein und dieselbe, vermutlich schwierige Stelle hundertmal hintereinander. Zur Erholung spielte er manchmal eine Sonate von Mozart. Hie und da kam ein Kollege, mit dem spielte er dann vierhändig.



Erste Seite (1) Vorherige Seite (33)Nächste Seite (35) Letzte Seite (180)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 34 -epOs Verlag Osnabrück - epOs-Music - Humor in der Musik - Geschichten, Essays, Satiren