10 Der Computer als Medium Mediales Wahrnehmen ist damit ein » Wahrnehmen können « von Phänomenen, die losgelöst von physikalischen Gesetzmäßigkeiten erscheinen, Medienobjekte sind » physiklos « , weshalb mediale – zum Beispiel virtuelle – Realitäten, auch darstellen können, was die auf der Erde herrschenden Naturgesetze nicht zulassen: Medien sind Physikentmachtungsmittel.16 In dieser Medientheorie deckt ein Medium Dinge nicht erst auf, sondern erzeugt eine mediale Sphäre neuer Bedeutung (Wirklichkeit),im selben Zuge wird Medienwissenschaft zur Erkenntnistheorie. Wiesing sieht Medien als Phänomene der Kultur, die er konsequent von der physikalischen Natur abgrenzt. Ein Dualismus entsteht, der in rekursiver Weise mediengemacht ist.Wenngleich die Forderungen nach einem handhabbaren Medienbegriff mit en-ger Grenzziehung einerseits nachvollziehbar erscheinen, ergibt es auf der anderen Seite durchaus Sinn, einen Medienbegriff zu entwickeln, der sich nicht an alltägli-chen Verständnissen orientiert, sondern über die Auffassung eines bloßen » Kommu-nikationsmittels « , wie von Wiesing vorgeschlagen, hinaus geht. Dies wird insbeson-dere im Zusammenhang mit dem Raumbegriff an späterer Stelle deutlich.2.1.1 Ein unterbestimmter Begriff Wie Elena Esposito in einem Vortrag 17 treffend bemerkte, zeigt allein die Bezeich-nung Neue Medien, dass es über diese offenbar nur wenig mehr zu berichten gibt, als eben dies: dass sie neu sind. Wir wissen noch nicht genau, welche Rolle sie in unserer Gesellschaft spielen werden und an welchen Punkten sie unser Leben wie stark be-einfussen. In den » Theorien der Neuen Medien « von Rusch, Schanze und Schwe-ring wird diese Bezeichnung als » plakatives Label « 18 für nicht durchdrungene, in Medien manifeste, gesellschaftliche Veränderungen beschrieben. Der Überschuss an Sinn, den das neue Medium mit sich bringt, wird zunächst mit Verunsicherung be-gegnet. Dazu kommt, dass wir im Grunde auch über die Identität Alter Medien we-nig wissen. Die momentan offenbar herrschende Unsicherheit in der Frage Was ist ein Medium? kann also leicht mit dem Aufkommen neuer Medien und neuen, virtu-ellen Wirklichkeiten in Verbindung gebracht werden.19 Als bislang plausibelste Er-klärung gilt dabei nach Esposito, ein Medium als eine Art Kanal zu betrachten, ein Mittler, eine » Übertragungsmaschine « .Die erste in Frage kommende Plausibilität ist hier die Idee der Übertragung,die allerdings das ist, was ganz andersartige Objekte wie Schrift, Buchdruck,Kino oder Radio und Fernsehen vereinigt – die sich verschiedener Träger be-dienen, sich andersartig darstellen und verschiedenartige Kompetenzen und Einstellungen erfordern. Es scheint aber immerhin, dass jedes dieser Medien mehr oder weniger unversehrt und kompakt die Identität einer Information » überträgt « , die vom Mitteilenden zum Empfänger geht, und deshalb handelt 16 Wiesing 2008: 248.17 Bochumer Kolloquium Medienwissenschaft, Vortrag online auf: http://vimeo.com/2275811, Zugriff am 9.3.2011.18 Rusch/Schanze/Schwering 2007: 347.19 Vgl. Esposito 2008.