14 Der Computer als Medium ner Schrift, die ein bloßes Derivat der mündlichen Sprache ist, nicht mehr um-standslos fügt. Mehr noch: Vergleichbar dem Geld als allgemeinem ökonomi -schem Medium, ist der Binärcode zur semiotischen » Universalmünze « gewor-den, in deren » Werte « beliebige andere Zeichensysteme übertragen werden können.30 Multimedia bedeutet zunächst also die Integration, die Zusammenführung her-kömmlicher Medien in der Universalmaschine Computer. Dieser ist ein neues Ver-breitungsmedium, ein Medium im engsten Sinn, dass Medien wie Sprache oder Schrift nicht ersetzen kann, da es nicht wie diese funktioniert, sondern sich ihrer be-dient. Im neuen Medium, so heißt es bei Rusch/Schanze/Schwering » stecken, wie in den russischen Püppchen, stets alle nunmehr alten Medien « .31 Da die Neuen Medien die alten integrieren und » abbilden « können, ahmen sie diese in gewisser Weise nach. Die genannten Autoren scheinen den Computer dabei in problemati-scher Weise auf diese Funktion zu reduzieren.Neue Medien sind prinzipiell als ›Generica‹, als Nachahmerprodukte, zu kate-gorisieren. Praktisch (aus Nutzersicht) handelt es sich um die analogen Ober-fächen des Digitalmediums, die entweder die bisherigen Darstellungs- und Wahrnehmungsformen einzeln anbieten, oder um eine Kombination von Dar-stellungs- und Wahrnehmungsformen. Dies ist der Begriffskern von ›Multi-media‹.32 Für Marshall McLuhan gibt es bei der Entwicklung neuer Technologie immer erst die Tendenz, die Vorgängertechnologie in einem medialen Rückspiegel zu behalten und so das neue Medium zunächst tatsächlich in den Gebrauchkontext des alten einzureihen. Während für Dirk Baecker der vernetzte Computer als Kommunika-tionsmittel das Potenzial für den Anstoß einer neuen Gesellschaft in sich zu tragen scheint, ist der Computer als Medium an sich nach wie vor schwer zu fassen. Georg Christoph Tholen beschreibt diese Indifferenz im Kontext der Metaphorizität, die der Computer über multiple Formenbildungen realisiert. Das Multimedium Com-puter kann in diesem Sinne vornehmlich als Medium größtmöglicher Kontingenz ge-zeichnet werden.Der Computer als Medium existiert gleichsam nur, indem er sich von sich selbst unterscheidet, will sagen: sich in all seinen Interfaces, in seinen program-mierbaren Gestalten und Benutzer-Oberfächen, verliert, also seine ›eigent-liche‹ Bedeutung aufschiebt. Das digitale Medium ek-sistiert nur in seiner viel-gestaltigen Metaphorizität.33 30 Krämer 1998: 12.31 Rusch/Schanze/Schwering 2007: 25.32 Ebd.: 46.33 Tholen 2008: 136.