3.1 Über Realität sprechen 43 Jörissen weist in diesem Zusammenhang auch auf die unaufösbare Problematik dualistischer Ontologien hin, die realistische Erkenntnistheorien stets mit sich füh-ren. Die Voraussetzung einer von unserem Erleben unabhängig existierenden Reali-tät ist die Grundlage aller prinzipiell dualistischen Erkenntnistheorien, die diese Realität als symbolisch repräsentierbar darstellen und die Verbindung von Phänome-non und Noumenon in Korrespondenzen, also Entsprechungen von Aussage und Realität, sehen.21 Die an sich pragmatische Erkenntnis des Externen Realismus John R. Searles etwa, die Welt existiere unabhängig von unseren Repräsentationen in ihr,beinhaltet bereits das Dilemma solcher repräsentationalistischer Positionierungen.Searles häu1g angeführtes Beispiel des Mount Everest, der unabhängig davon exis-tiere, ob Repräsentationen von ihm vorliegen, macht dies deutlich. Denn jede mögli-che Repräsentation, physikalisch, holistisch-religiös oder geologisch, beinhaltet be-reits die Einlassung auf ein spezi1sches Beschreibungssystem, von dem keines dem zu entsprechen vermag, was Searle als » externen « realen Berg zu verstehen ver-sucht,22 denn aus einem spezi1schen Beschreibungssystem, so etwa auch aus der wissenschaftlichen Methode heraus, gelangt man nicht an einen externen Gegen-stand. Jörissen merkt treffend an, dass eine solch dualistische Ontologie den unzu-lässigen Versuch darstellt, » mit Mitteln des symbolischen Diskurses (also Theorie)das symbolische Universum zu übersteigen.« 23 Präferenzen lassen sich in einem re-präsentationalistischen Erkenntnismodell nur normativ begründen.3.1.1 Der Realitätsdiskurs als Verständigungsmedium Im Zuge einer Theorie medialer Wirklichkeiten hat man es mit der Schwierigkeit zu tun, einer Vielzahl an Begriffen und Positionen gegenüberzustehen, die sich in der Regel nicht entlang eines wissenschaftlichen, refexiven Diskurses gebildet haben.Die Epistemologie scheint dabei ein gutes Stück weit von der Philosophie in die Cy-berindustrie verlegt worden zu sein – durchaus mit der Möglichkeit des Erkenntnis-gewinns. Dabei kann der Versuch einer wissenschaftlichen Verortung virtueller Ob-jekte oder des Cyberspace angesichts der schlichten Vielzahl rezenter divergieren-der epistemologischer Schulen – es scheint fast müßig dies festzustellen – kaum zur Aufstellung irgendeines konsensfähigen Begriffes von Realität führen. Wenn man in diesem Sinne konstatieren muss, dass man es mit einer von vornherein polykontex-tural verlaufenden Diskussion zu tun hat, hat dann eine Arbeit, die sich aus den be-stehenden Konzepten mehr oder weniger eine erkenntnistheoretische Schule als Schwerpunkt aussucht, überhaupt Sinn? Und wenn die Implikationen der Sys-temtheorie und des neurobiologisch-systemischen Ansatzes von Humberto Matura-na dazu führen, dass letztgültige Wahrheiten und objektiv wahre Erkenntnis einer ontischen Welt unmöglich werden, da sie immer systemrelativ gesehen werden,welchen Wert hat ein Diskurs über Realität, wenn nicht allein für den Fortbestand des wissenschaftlichen Diskurses selbst? Jörissen stellt, im Gegensatz zur Fokussie-21 Jörissen 2007: 99.22 Ebd.: 102.23 Ebd.: 103.