56 Beobachtungen der Realität – vom Konstruktivismus zur Medientheorie turana beschrieb die sensorische Information, die das Gehirn aus dem peripheren Nervensystem erreicht, als eine Stimme, die in einer großen Diskussion innerhalb ei-ner Familie einen vergleichsweise kleinen Beitrag zum Ganzen beiträgt.58 Wenn ein Aspekt der Welt unser Bewusstsein erreicht, ist er schon mehrfach prozessiert wor-den. Die dritte Version der Errechnung der Realität bringt diese letztlich in1nite Re-kursivität der Erkenntnis ins Spiel:» Die Realität « kommt in dieser Formulierung bereits nicht mehr vor. Sie steht damit für eine nicht-repräsentationalistische Erkenntnistheorie. Die vierte und letzte Form dieser Funktion besteht lediglich aus dem Herausstreichen der Beschreibungen, da eine Errechnung von Beschreibungen letztlich eine Errechnung bleibt:Kognitive Prozesse sind nie endende, rekursive Prozesse, die sich, ganz wie bei den noch auszuführenden Theorien von Maturana, immer nur auf sich selbst beziehen,niemals aber auf ein externes, ontisches Datum. Das (Er-)Rechnen einer Realität ist dabei gleichzeitig der Modus der Konstruktion der Welt, die aktiv aufgebaut wird.Fritz B. Simon fasst zusammen und ergänzt:Mit dieser Formel betont Heinz von Foerster die aktive (rechnende = konstru-ierende) Rolle dessen, der erkennt oder zu erkennen meint. Und mit der Ver-wendung des unbestimmten Artikels im Ausdruck » einer Realität « , unterstellt er – und das muss unterstrichen werden -, dass es möglich ist, unterschiedliche Realitäten zu errechnen.59 Hier zeigen sich zwei Aspekte, die Heinz von Foerster zu einer wichtigen Figur des Radikalen Konstruktivismus machen, selbst wenn er sich selbst eher als » Neugiero-logen « bezeichnete.-Erstens gibt die ausgeführte Funktion vor, dass der Aufbau von Realität nicht ein Abbilden externer Wirklichkeiten ist, sondern eine rekursive Rückkopplungsschleife, die sich letztlich immer nur auf vorige Eigenopera-tionen bezieht.-Zweitens bedeutet dies gleichzeitig auch den Aufbau vieler verschiedener Realitäten der einzelnen Individuen, die nebeneinander Gültigkeit bean-spruchen.58 Maturana/Varela 2005: 178.59 Simon 2006: 44 f.