86 Beobachtungen der Realität – vom Konstruktivismus zur Medientheorie sieht Niklas Luhmann damit das Bewusstseinssystem als operational konstruiert an.Ein spezieller Typ von Operation, eine spezi1sche Unterscheidung konstituiert das jeweilige System, erzeugt und erhält es gleichsam.Wenn eine Operation eines bestimmten Typus anläuft und, wie ich gerne sage,anschlussfähig ist, das heißt Nachfolge 1ndet, mit derselben Typik von Opera-tion Konsequenzen hat, entsteht ein System. Denn wenn man Operation an Operation anschließt, geschieht das selektiv. Etwas anderes als dies geschieht nicht; der unmarked space oder die Umwelt bleiben draußen vor; das System bildet sich als eine Verkettung von Operationen. Die Differenz von System und Umwelt entsteht allein aus der Tatsache, dass eine Operation eine weitere Ope-ration gleichen Typs erzeugt.143 Auch hier ist also alles » Erkennen Tun, und alles Tun Erkennen « (vgl. Abschnitt zu Maturana). Die Systemtheorie bezieht sich allerdings eher auf die mathematischere Bezeichnung George Spencer Browns: Draw a distinction and create a universe.3.7 Siegfried J. Schmidt Die Verbindung von konstruktivistischen Positionen, systemischen Aspekten und Medientheorie ist vor allem durch Siegfried J. Schmidt vorgebracht worden. Kon-struktivismus, der immer ein strukturelles De1zit aufwies, wenn es um konkrete Er-klärungsweisen der Konstruktion von Wirklichkeit ging, 1ndet nunmehr in Medien seine alltäglichen Instrumente der Wirklichkeitskonstruktion.144 Der Konstruktivis-mus, so Schmidt,145 wird dabei in eine Kognitionstheorie funktional differenzierter Massenmediengesellschaften transformiert. Dies passiert unter anderem mit der Einbeziehung der differenztheoretischen Systemtheorie Niklas Luhmanns, die ers-tens mit ihrer Unterscheidung von Medium und Form eine de-ontologisierte Sprechweise über Realität einzuführen versucht und zweitens mit dem Hinweis auf die Funktion der Realitätserzeugung durch die Massenmedien bereits auf die kon-kreten Instrumente der Wirklichkeitskonstitution liefert. Schmidt selbst stellt aller-dings einen etwas anders gelagerten Medienbegriff auf, der eher auf das Medien-system zwischen Medienangeboten und Medienproduzenten abzielt.146 3.7.1 Medienepistemologie und die Modalisierung von Realität Mit der Einsicht, dass Medien nicht eine objektive Realität mehr oder weniger gut widerspiegeln, sondern vielmehr unterschiedliche Wirklichkeiten erst erzeugen,verbinden sich wiederum eine Reihe vormals solistisch agierender Disziplinen zu einer somit aktualisierten Ausprägung der Erkenntnistheorie: der Medienepistemo-logie. Sie soll im Folgenden insbesondere für die Verwendung auch als Virtualitäts-143 Luhmann 2008a: 77.144 Vgl. Schmidt 1999: 120 f.; Schmidt 2000: 43.145 Schmidt 2000: 43.146 Vgl. Schmidt 2008.