88 Beobachtungen der Realität – vom Konstruktivismus zur Medientheorie dies stellt Schmidt aus dem Blickwinkel des Konstruktivisten heraus fest – schwie-rig zu bestimmen sei, bedeute die Auseinandersetzung mit den Formen digitaler Virtualität die Beschäftigung mit einem äußerst heterogenen Diskursgemenge.150 Konstruktivistisch-differenztheoretische Konzepte scheinen dabei am ehesten geeig-net, den real/virtuell Dualismus aufzuheben und virtuelle Welten als » real « zu ak-zeptieren, denn bei ihnen entsteht Realität im Prozess des Beobachtens und ist nicht als Abbildung eines ontischen da draußen zu verstehen. Schmidts Beobachtung stimmt dabei grundsätzlich mit der Ausgangsbeobachtung dieser Arbeit überein:Die Beobachtung der Wirklichkeit virtueller Welten, die letztlich eine De-Ontologisie-rung der realen Realität zur Folge haben muss, wenn nicht eine Seite der Unterschei -dung derealisiert und mit Verlustthesen in Verbindung gebracht werden soll.Je weiter die virtuellen Welten an die Erscheinungsformen der alltäglichen Er-fahrungswirklichkeit heranreichen, desto eindringlicher wird die Einsicht in die Wirklichkeitserzeugung des Beobachters in Bezug auf alle » Welten « . ›Wirk-lichkeit‹, so die Konsequenz, ist ein Konstrukt, und in der Erfahrungswirklich-keit wie in der kybernetischen Simulation (im Cyberspace) ist der menschliche Beobachter ein notwendiger Bestandteil des jeweiligen Systems.151 Der Computer als Medium wird zum Wirklichkeitserzeuger, der Einsicht in die Konstruktivität jeglicher Erkenntnis erlaubt. Dabei geht es Schmidt nicht um die Gleichstellung oder Un-Unterscheidbarkeit realer und virtueller Welten, sondern um die unaufgeregte und pragmatische Betrachtung beider Seiten. Insbesondere sollen die genauen Zusammenhänge untersucht werden, die zum » world making « 152 führen, auch und gerade, um die jeweiligen Schnittstellen besser zu ver-stehen und besser zu nutzen. So entwickelt Schmidt in Folge eine Medienepistemo-logie, die Medien als konstitutive Elemente unserer Wirklichkeitserzeugung fest-schreiben.Die sinnliche Erfahrung, » in anderen, möglichen Welten wirklich zu sein « (1993: 898), im Verein mit dem Bewußtsein des Crossings von der Erfahrungs-wirklichkeit zum Cyberspace, wird zum konkreten Erlebnis der Kontingenz (nicht etwa der Willkürlichkeit) alles Wirklichen. Dieses Kontingenzerlebnis verweist » kultürlich « zurück auf die Konstruktionsbedingungen jeder Wirk-lichkeit.153 Hier wird deutlich, dass Realität auf beiden Seiten der Unterscheidung real/virtuell zu 1nden sein muss und andererseits die Unterscheidungsseite der » real reality « nicht als solipsistische Oszillation des Geistes zu verstehen ist. Die Anerkennung virtueller Welten als alternative, mögliche und dennoch wirkliche Welten darf nicht als Entwirklichung der Lebenswirklichkeit verstanden werden, wenn diese als Solip-150 Vgl. Schmidt 1996: 99.151 Schmidt 1996: 98.152 Schmidt 1999: 138.153 Schmidt 1996: 113.