100 Beobachtungen der Realität – vom Konstruktivismus zur Medientheorie man dar, nachdem die menschlichen Sinne, Nerven und Muskeln bereits durch Medien erweitert worden sind:Rapidly, we approach the 1nal phase of the extensions of man – the technologi-cal simulation of consciousness, when the creative process of knowing will be collectively and corporately extended to the whole of human society, much as we have already extended in our senses and our nerves by the various media.188 Möglicherweise verblieb McLuhan also nicht einfach, wie es Leeker und Schmidt nahe legen, beim Computer als Medienintegrator und elektronischem Apparat, son-dern sah durchaus die symbolische Maschine. Die beiden Autorinnen vermuteten in der Einleitung zu McLuhan neu lesen zudem:Es geht mithin um den Unterschied zwischen dem Wirken beschleunigter Elektronen und dem Operieren mit Symbolen, aus denen so ziemlich Alles werden kann, die aber nichts mehr mit Elektrizität und Veräußerungen des menschlichen Organismus – als die McLuhan den Computer sah – gemein ha-ben.189 Leeker und Schmidt weisen allerdings mit Recht darauf hin, dass anthropomorphe Interpretationen des Arbeitens von Computern Grenzen haben. Die Utopien der Ky-bernetik des zwanzigsten Jahrhunderts sollten in Zeiten des heutigen Computers und des Internet nicht wiederholt werden. Den Computer als » Welt- und Menschen-versteher « 190 – da Veräußerung menschlicher Funktionalität – zu verkleiden, um McLuhan gerecht zu werden, bedeutet den Rückfall in letztlich unergiebige – da bis auf weiteres unverstandene – Analogien. Interessant und letztlich wenig beachtet an den extensions of man ist die Tatsache, dass hiernach Medien als Erweiterungen menschlicher » Bordmittel « eben diese nicht mit einschließen. Die Sinne und der menschliche Körper sind kein Medium, nicht-mediale Wahrnehmung wäre – zu-mindest prinzipiell – möglich, es gäbe kein mediales apriori der Erkenntnis. Medien verstärken unsere Sinne, ersetzen sie jedoch nicht, sondern bedienen sich ihrer. Sie sind auch nicht mit ihnen gleich zu setzen. Medien bauen auf einer Standardausfüh-rung, einer vormedialen Wahrnehmungssphäre menschlicher Fähigkeiten auf.Hier zeigt sich der Kern einer möglichen Furcht vor dem Verschwinden der Rea-lität, die sich als Verschwinden primärer Modi der Weltaneignung deutlich wird.Denn nach McLuhans Konzept der Erweiterung der menschlichen » Standardaus-führung « ist prinzipiell eine vormediale und vermeintlich echte Wahrnehmungs-sphäre möglich, auf der dann Medien gewissermaßen aufsetzen. Es ist zwar un-wahrscheinlich, dass McLuhan dem zugestimmt hätte, wie bereits dargelegt war er grundsätzlich der Ansicht, Medien würden den Menschen nicht erst mit einer » wirklichen Welt « verbinden, sondern seien diese Welt selbst. Trotzdem lassen seine 188 McLuhan 1964: 3.189 Kerckhove/Leeker/Schmidt 2008: 20.190 Kerckhove/Leeker/Schmidt 2008: 20.