3.10 Herbert Marshall McLuhan 105 ten und vielen Konsumenten gekennzeichnet war (diese Phase wird retrospektiv auch als Web1.0 bezeichnet), tritt in der zweiten Phase des World Wide Web die dis-kursive Struktur dieses Verbreitungsmediums hervor, das Schlagwort hier lautet Web2.0. Merkmale dieses auch als social web gekennzeichneten Phänomens sind – in extrem kondensierter Form dargestellt – Kommunikationsplattformen, Weblogs und Wikis, also Seiten, die von vielen Teilnehmern mit Inhalt gefüllt werden kön-nen. Im Falle der bekannten Online-Enzyklopädie Wikipedia 202 handelt es sich um eine Community mit 5 Millionen registrierten Mitgliedern.203 Auch Weblogs (kurz Blogs) sind Teil der zweiten Generation der Internetnutzung. Sie bieten die Möglich-keit, mit minimalen EDV-Kenntnissen Webseiten mit verschiedenstem Inhalt zu ge-stalten und so an der Formbildung des Internets zu partizipieren. Das Web2.0 ist also, noch kürzer dargestellt, gekennzeichnet durch die Schaffung neuer Artikula-tions- und Partizipationsräume im Internet, während das Internet nach seiner Ent-stehung tendenziell funktionierte wie eine große Zeitung oder Zeitschrift. Wenige Produzenten entschieden, was vielen Konsumenten präsentiert wurde.Jüngstes und medial vielfach wiedergegebenes Phänomen des social web ist die Kommunikationsplattform Twitter,204 die bei den Auseinandersetzungen im Zusam-menhang mit der letzten Präsidentschaftswahl im Iran für die oppositionellen De-monstranten eine wichtige Artikulations- und Veröffentlichungsform darstellte.Dies jedenfalls ist die Perspektive des zu Zeit forierenden Web2.0 auf das Web1.0.Blinde Flecken dieser Beobachtung dürfte die Tatsache sein, dass auch das Internet schon früh diskursive Strukturen ausbildete, etwa über Foren, Chats oder in Form der Multi User Dungeons (MUDs), die zunächst begrenzt auf Universitätsrechnern in England und den USA gespielt wurden, bevor sie Mitte der 1980er Jahre über das Telefonnetz erreichbar wurden und sich in Folge zu kleinen und großen virtuellen Gemeinschaften entwickelten.3.10.5.2 Digital Audio Workstations in McLuhans rear view mirror Betrachtet man die Welt der Anwendungen im Bereich Audio, so lässt sich auch hier nachvollziehen, wie die Perspektive durch McLuhans medialen Rückspiegel Soft-wareproduktion bestimmt hat. Die aktuellen großen Produktionsumgebungen wie Cubase, Logic oder ProTools (diese werden auch DAW, Digital Audio Workstation,genannt) vereinen im wesentlichen zwei große Vorgängertechnologien in sich:1.Der Umgang mit MIDI-Dateien (digital codierte Noten) geht letztlich auf die Tradition der Musikautomaten zurück, die mit der Entwicklung der Stiftwalze eine jahrhundertealte Entwicklungsgeschichte aufweist.2.Die digitale Aufnahme, Bearbeitung und Bereitstellung von Audio-Dateien (digital codierte Klangschwingungen) ist die virtualisierte Version der line-ar arbeitenden Bandmaschinen, die in Tonstudios bis zum Aufkommen 202 http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite, Zugriff am 10.3.2011.203 Marotzki/Jörissen 2009: 186.204 http://www.twitter.com, Zugriff am 10.3.2011.