110 Beobachtungen der Realität – vom Konstruktivismus zur Medientheorie Auch in » Live « existieren nach wie vor MIDI- und Audio-Spuren und –Objekte, wie ein Doppelklick auf ein oben dargestelltes Objekt zeigt. Ein Editor-Fenster mit den jeweiligen Audio- oder MIDI-Daten wird sichtbar. Die Handhabung dieser Loops ist zunächst völlig gelöst von linearen Strukturen eines bloßen virtuellen Tonbandge-räts. Erst im weiteren Produktionsprozess, etwa, wenn aus der fexiblen Session ein fester Ablauf entstehen muss, um es für den weiteren Gebrauch auf Tonträgern ein-zusetzen, wird das Konzept der musikalischen Objekte in die konventionell lineare Form eines festen Arrangements gebracht.Abb. 3.10: Ableton » Live « in der Arrangement-Ansicht. Es gibt eine horizontal verlaufende Zeitachse mit MIDI- und Audio-Objekten.Michael Harenberg schreibt, ganz ähnlich gelagert, über das Konzept hinter » Live « und die Loslösung von nicht länger notwendigen Formen der Simulation linearer Zeitverläufe (z. B. bei Cubase, Logic, ProTools, Samplitude):Die aktuelle Sequencer-Software » Live « der Berliner Firma Ableton repräsen-tiert diese Entwicklung bis in die konzeptionellen und Interface gestaltenden Strukturen eines modi1zierten Raumkonzeptes, in dem nicht länger die linea-re, zweidimensionale Metapher des unendlichen Tonbandes, sondern die mehrdimensionale, nonlineare Zersplitterung in einzelne Samples und Pattern,die – von jeglichen physikalisch gegebenen Zusammenhängen zwischen Ton-höhe, Tempo und Raum befreit – als strukturbildendes musikalisch-ästheti-sches Granulat manifestiert wird.205 205 Harenberg 2005: 227.