4.5 Der Realraum 143 lisierte Unterscheidung real/virtuell fast zu rechtfertigen schien, weichen die Be-griffspaare tendenziell auf. So wie nicht eindeutig feststeht, was Virtuelle Realität ge-nau meint, variiert ebenso, was genau die » reale « Seite der Unterscheidung von real/virtuell umfasst. So können » reale Welten « von durchaus unterschiedlicher Struktur ausgemacht werden. An dieser Stelle werden kurz zwei solche Counter-parts virtueller Welten skizziert und diskutiert.4.5.1 Nicht-vermittelte Wahrnehmung Fenster zur Welt, wie es bei Reich/Sehnbruch/Wild als Sammelbegriff für Bild-schirmmedien heißt, » setzen immer auch Maßstäbe (und Täuschungen) über das Se-hen « ,70 die Autoren führen als Beispiel das Fernglas an, dass zu Galileis Zeiten kon-struktionsbedingt einen Hof um beobachtete Himmelskörper herum zeigte, der von Galilei nicht als » mediengemacht « erkannt wurde, da schlichtweg alle beobachteten Himmelskörper diese Eigenschaft besaßen. Die beobachteten Höfe waren Phänome-ne, die das bloße Auge nicht ausmachen konnte, der Einfuss des Mediums auf die Wahrnehmung konnte nicht durchschaut werden. Reich, Sehnbruch und Wild 71 dis-kutieren die Möglichkeit unvermittelter Wahrnehmung, die im Sinne einer realisti -schen Perspektive als sinnlich unmittelbar, gewiss, ungeteilt oder körperlich be-schrieben werden müsste. Mediale Wahrnehmung hingegen wäre partiell, be-schränkt auf die Grenzen, den Rahmen des jeweiligen Mediums (das Fernsehpro-gramm zum Beispie überträgt audiovisuelle, keine olfaktorischen Informationen).Die reale Realität erscheint hier als Realität der Standardausführung, der » Bordmit-tel « des menschlichen Körpers bzw. als Summe seiner Sinne. Auch Johannes From-me stellt gleichlautend zunächst fest:Wenn wir alltäglich von der wirklichen Welt reden, dann bezieht sich diese Rede also auf die Welt, wie sie uns erscheint, wenn wir außer unseren Organen keine weiteren Hilfsmittel benutzen.72 Die genannten Autoren weisen im gleichen Atemzug jedoch zurecht darauf hin,dass dagegen leicht mehrere Einwände vorgebracht werden können. So werden mediale Ereignisse erstens letztlich über die gleichen Sinneskanäle aufgenommen,wie die wirkliche Welt, weshalb auch vermittelte Wahrnehmung letztlich Teil der realen Realität wird und digitalen Medien immer analogen nachgeschaltet werden,[…] unser Auge sieht auch mediale Ereignisse unmittelbar und direkt. Und die scheinbar direktesten Erfahrungen, z. B. in sinnlicher Gewissheit in der Natur,sind nie nur reine Natur oder reine Sinnlichkeit sondern immer in den Rahmen und die Fenster eine Kultur und eines Kontextes gestellt.73 70 Reich/Sehnbruch/Wild 2005: 36.71 Reich/Sehnbruch/Wild 2005: 30.72 Fromme 2008: 171.73 Reich/Sehnbruch/Wild 2005: 30 f.