5.1 Die historische Verortung von Computerinstrumenten 161 Es wird auch deutlich, dass schon die Elektri1zierung der Instrumente eine gewisse Virtualisierung des Klangkörpers bewirkte, was einen Rekurs auf physikalische Ent-stehungsvorgänge des Klangs in der Elektrizität selbst und somit auch eine darauf gründende Systematik der Musikinstrumente letztlich unmöglich macht. Vielmehr wird das Feld der Wandler und Intermedien interessant – bereits bei den Elektropho-nen bedarf es des Lautsprechers, um physikalisch Klänge zu erzeugen. Dabei greift auch die möglicherweise aufkommende Idee des Lautsprechers als Klangerzeuger zu kurz, denn dieser erfüllt als Medium im Gebrauch dann seine Rolle am besten,wenn er transparent bleibt und keinen » eigenen « Klang entwickelt.14 Doch nicht nur für eine Systematik, auch für das Design neuer Instrumente spielt die Elektri1-zierung eine Rolle, wie Bernd Enders bemerkt:Durch die Elektri1zierung und Elektroni1zierung der Instrumente entfällt end-gültig der technische Zusammenhang zwischen Klangerzeugung und Klang-steuerung, zwischen Generator und Controller. Das Interface, das den musizie-renden, also den klangsteuernden Menschen mit den klangerzeugenden (oder klangverändernden) Modulen eines Instruments, also zum Beispiel den Oszil-latoren (oder Filtern) eines Synthesizers verbindet, kann völlig beliebig gestal-tet werden.15 Dies » deklassiert « die Klassi1kation nach Benutzung durch den Spieler, jedenfalls im Sinne der oben aufgeführten Kategorien Blas-, Schlag-, Streich-, Tasten-, Zupf-und Elektro-Instrumente. Wenn die Klangerzeugung unabhängig von der Klang-steuerung gedacht werden kann, wenn der Ton zum Interface variabel ist, so tritt die Schnittstelle zwischen Generator und Künstler, in den Mittelpunkt des Interes-ses des zukünftigen Instrumentenbaus. Maus und Tastatur sind durch die weit ver-breiteten Heim-PCs sicherlich eine oft genutzte, für die Arbeit mit herkömmlichen Bildschirmen und Textverarbeitung geschaffene Lösung, in musikalischer, instru-mentaler Praxis etwa eines Live-Konzerts braucht es jedoch differenzierter gestaltete Konzepte. Diese müssen auch die Darstellung am Bildschirm umfassen, wie Joa-chim Stange-Elbe feststellt:Auch wenn heute der Klangunterschied zwischen dem Original und seinem numerischen Abbild immer mehr nivelliert wird, stellt sich die Frage, wie die Bedienungsoberfäche eines Streich- oder Blasinstrumentes sinnvoll am Bild-schirm nachgebildet werden kann, wie man sich die Schnittstelle – das Inter-face – zwischen dem » Orchesterspieler « und dem klangauslösenden Apparat –dem Computer – vorzustellen hat.16 Mehrere Thesen lassen sich aus diesen Ausführungen entwickeln, die im weiteren Verlauf der Arbeit noch diskutiert werden müssen:14 Vgl. Werbetexte verschiedener Hersteller von Lautsprechern/Endstufen, z. B. Studio Magazin 10/2010: 33, » Listen to your music, not to your speakers « .15 Enders 2005b: 27.16 Stange-Elbe 2005: 62 f.