170 Angewandte Neue Instrumentenkunde tät und Detailtreue einer Wiedergabe galt aber laut Rolf Großmann insbesondere für die Technologie der klangqualitativ zunächst überlegenen Musikautomaten. Später sollte dies mit der Idee des HiFi vor allem für Schallplatte, Kassette oder CD gelten.Zunehmend und bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts setzte sich in Folge die Idee der Wiedergabe vorgefertigter Klänge durch Medien – nicht durch Instrumente –durch, wie Volker Straebel festhält:In den dreißiger Jahren vollzog sich also eine Umdeutung der Schallreproduk-tion vom Instrument zum Medium. Der Hörer erlebt nicht mehr das Entstehen des Klanges in räumlicher und zeitlicher Gegenwart, wie dies in gewisser Wei -se bei mechanischen Musikinstrumenten noch der Fall ist, sondern versteht das Abspielen der Schallplatte, dem Betrachten eines Photos vergleichbar, als Verweis auf ein vergangenes Geschehen.32 So scheint es, zusammenfassend gesagt, zur Zeit vor allem die Clubkultur mit ihren Turntables und DJ-Interfaces zu sein, die eine Wiedereinführung eines aus Sicht der klassischen Instrumentenkunde erweiterten Instrumentenbegriffs verfolgt. Mögli-cherweise hat sie diesen jedoch schon immer propagiert, wie Großmann andeutet:Auf einer Party ›die Musik zu machen‹, meinte schon in den 1980ern keines -wegs den Griff zum Instrument oder die Mitwirkung in einer Band, man war stattdessen mit ›Aufegen‹ an der Reihe. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass auch die Reproduktionsmedien eine Aufführungspraxis begründen, also et-was, das dem instrumentalen Spiel vorbehalten schien.33 In diesem Sinne erwarten die mit Reproduktionsmedien aufgewachsenen Genera-tionen nicht die Authentizität eines bloßen » Wiedergabemediums « , sondern ein » Medienprodukt « ,34 dass situativ im Hinblick auf bestimmte Aufführungssituatio-nen produziert wird. Wenn ein gewisses gesellschaftliches Bewusstsein für » phono-graphische Musikinstrumente « also nach deren Einführung zu Beginn des 20. Jahr-hunderts (erfunden wurde das Prinzip bereits in den 80er Jahren des 19. Jahrhun-derts) verloren ging, ist es möglicherweise eine gänzlich von elektronischen Medien geprägte Gesellschaft, die nicht nur die Rezeption von Musik in und mit diesen Medien verändert, sondern auch Instrumente als Artefakte musikalischen Aus-drucks und musikalischer Gestaltungsmöglichkeiten einem Transformationsprozess unterzieht.5.2 Beispiele virtueller Instrumente Michael Harenberg trennt, ausgehend von der modularen Kirchenorgel, das Inter-face vom Instrument, letzteres tritt als digitalisierter und virtualisierter Klangerzeu-ger später als » Virtuelles Instrument « in Erscheinung. Die allgemein gebräuchliche 32 Straebel 1996: 219.33 Großmann 2010: 183.34 Großmann 2010: 191.