5.2 Beispiele virtueller Instrumente 177 Geradezu absurd mutet die Gattung der als Software wiederbelebten Synthesi-zer – und Gleiches gilt für Mischpulte, Effektgeräte, Sequencer, Tonbandgeräte bis hin zur digitalen Repräsentation des Doppel-Plattenspielers für virtuelle Scratch-Effekte – allerdings an, wenn man sich vergegenwärtigt, dass all die Schalter, Buttons und Regler jetzt mit der Maus bedient werden müssen!45 Es gibt jedoch bereits eine Anzahl medientheoretischer Überlegungen, die jenseits der » emphatischen Positionen technophiler wie technophober Provenienz « 46 eine genauere Beschreibung des Virtuellen ohne eine schiere Gleichsetzung mit der Si-mulation suchen und die Virtualität explizit von der Simulation trennen. So schreibt Stefan Münker in einem insgesamt gelungenen De1nitionsversuch der Virtualität:Eine Simulation bezeichnet eine realitätsnahe Modellierung eines Objekts oder einer Umgebung, die so tut, als ob sie etwas anderes (nämlich das modellierte Objekt) wäre; Virtualität hingegen bezeichnet eine Situation, in der etwas für nichts anderes als es selbst steht.47 Diese letzte Feststellung wirkt allerdings ihrerseits wiederum durchaus emphatisch und bedarf wohl einer Einschränkung. Festzuhalten ist, dass ein virtueller Flügel zwar kein Flügel ist, jedoch deutlich auf ihn verweist und der Klang einzelner spe-zieller Fabrikate im akustischen Cyberspace durchaus einer Emulation gleichkom-men kann. Zumindest nach Elena Esposito, und auf sie bezieht sich auch Münker im oben zitierten Text, wäre diese Titulierung zulässig. Das bedeutet gleichwohl nicht notwendigerweise, dass Virtualität sich stets auf ein » als ob « , ein digitales Mi-mikry, reduzieren ließe. Esposito schreibt:Die Simulation beabsichtigt, so treu wie möglich einige Eigenschaften dessen zu reproduzieren, was ein Referent bleibt. Die Virtualität im eigentlichen Sinne verfolgt eine viel reichhaltigere Absicht; sie geht über die Eigenschaften der Si-mulation hinaus und kann nicht mehr auf die Unterscheidung von Zeichen und Referent bezogen werden.48 Wenn mit Elena Esposito hier davon ausgegangen werden kann, dass die Simula-tion so genau wie möglich einige Eigenschaften dessen wiederzugeben versucht,was als Referenz verstanden wird, so können Formen der Virtualität durchaus Ei -genschaften des » Realraums « simulieren. Wichtig erscheint es, festzuhalten, dass auch Formbildungen ermöglicht werden, die jenseits der Simulation oder der Un-terscheidung Zeichen/Referent verortet werden müssen. Hier vollzieht sich für Es-posito dann letztlich endgültig der Übergang zwischen » falschen realen « und » wah-ren virtuellen « Objekten.49 Virtualität lässt jedoch die Formbildung der Simulation 45 Harenberg 2003: 85.46 Roesler/Stiegler 2005: 247.47 Roesler/Stiegler 2005: 247.48 Esposito 1998: 270.49 Esposito 1998: 270.