182 Angewandte Neue Instrumentenkunde Es folgen einige Beispiele für Interface-Design der letzten Jahre, von eher klassi-schen, fast konservativen, bis hin zu experimentellen Entwürfen. Auch hier ist die Darstellung einer umfassenden Systematik innerhalb dieser Arbeit nicht möglich.Die ersten beiden Beispiele stehen dabei für Controller, die dezidiert für einen be-stimmten, eher beschränkten Kontext entwickelt wurden. Sie sind entweder in ei-nem klassischen Sinne für die direkte Erzeugung von singulären Tonereignissen ge-schaffen oder erlauben auf der anderen Seite die Kontrolle von Parametern der Pro-duktionsumgebungen (DAWs), in die virtuelle Klangerzeuger zumeist eingebettet sind. Diese beiden ersten Beispiele sind gewissermaßen aus Marshall McLuhans » Rückspiegelperspektive « heraus entworfen, die neue Technologien zunächst im Lichte der altbekannten betrachtet. Die eine Linie (die der Masterkeyboards) sieht den Computer, besser noch den virtuellen Raum, als Klangerzeuger, als Batterie aus Sounds ohne Beschränkungen der physikalischen Welt, die zweite fokussiert eher auf virtuelle Vielkanal-Tonbandgeräte, in denen Klangereignisse ins rechte Mi-schungsverhältnis, was Lautstärke, Stereoverteilung oder Frequenzspektrum an-geht, gebracht werden müssen. Diese klare Trennung ist bei den gängigsten Produk-tionsprogrammen jedoch im Grunde immer schon aufgelöst, und so werden Interfa-ces in Zukunft beiden Vorgängertechnologien, sowie dem » Überschusssinn « , dem charakteristisch Neuen der » realen Virtualität « , Rechnung tragen müssen. Für diese Strategien stehen die restlichen Beispiele, jeweils mit unterschiedlicher Gewichtung.Für Jin Hyun Kim kommt im Prozess der Entwicklung neuer und experimenteller Interfaces der Kopplung von Aktion und Perzeption bei der Interaktion mit virtuel-len Klangerzeugern eine zentrale Rolle zu. Diese Kopplung wird durch taktiles und auditives (=doppeltes) Feedback, sowie durch einen möglichst ständigen Fluss von Aktion und Passion angestrebt.56 Diese Strategie wird in 5.3.5, dem Beispiel des » Reactable « , besonders deutlich. Zum doppelten Feedback im Detail schreibt Kim:Das doppelte Feedback wird erstens durch die Materialisierung und Versinn-lichung algorithmisch generierter oder übertragbarer Informationen in Form von widerständigen berührbaren Interfaces, greifbaren spielbaren Interface-Objekten und künstlichen Körpern, die mit der Umgebung unter ihren physikalischen Bedingungen interagieren, realisiert. Zweitens wird ein hapti-sches Feedback zusätzlich simuliert, so dass die Schleife eines haptischen und auditiven Feedbacks intensiver erfahren werden kann. Drittens wird eine enge Kopplung des klangresonierenden Körpers mit dem motorisch agierenden Körper versucht, indem entweder ein Lautsprecher nah und sogar direkt am Interface oder am künstlichen Körper integriert wird, oder der künstliche Kör-per direkt mit einem physikalisch-akustischen Musikinstrument interagiert.57 Hinter der Frage nach dem Design experimenteller Interfaces, die neben ihrer zu-nächst individuellen Kon1gurationen auch immer Angebote für folgende Standar-disierungen darstellen, steht die Frage, wie in Zukunft die algorithmisch kreierten 56 Kim 2012: 295.57 Ebd.