5.4 Die räumliche Verortung von Computerinstrumenten 193 5.4 Die räumliche Verortung von Computerinstrumenten Dieser Abschnitt soll Aufschluss über die verschiedenen Anwendungsfelder der Virtualität im Prozess computerbasierter Musikproduktion geben. Neben der Frage,wie überhaupt ein virtuelles Instrument zu verstehen sei, offenbaren sich eine Reihe anschließender Forschungsfelder. So beansprucht auf der einen Seite die lebhafte In-terface-Kultur, deren Angebot von minimalistischen Ansätzen mit einigen wenigen Kontrollfunktionen über die Nachbildung analogen Equipments 76 bis hin zu Ansät-zen des total control reicht, systematische Integration. In welchem Verhältnis stehen diese Interfaces zum Instrument, beziehungsweise, sind sie nicht vielmehr als inte-graler Teil von ihnen anzusehen? So sind in der aktuellen Musikkultur Auffüh-rungs- und Performancestrategien erkennbar, die das Instrument eben nicht als voll-ständig virtuelles Artefakt inszenieren, sondern Software zunächst als virtuelle Form verstehen, die als Modul weiteren Kopplungen, zum Beispiel mit musikali-schen Interfaces, zur Verfügung steht. Eine Perspektive eröffnet sich, auch die Hard-ware-Interfaces systematisch in einen erweiterten, modularen, transmedialen Instru-mentenbegriff zu integrieren. Der Begriff des virtuellen Instruments könnte in die-sem Sinne einem » abgekühlten « Virtualitätsbegriff angepasst werden. Wenn folglich nicht das » ganze « Instrument virtualisiert wird, stellt sich die Frage, welche Be-standteile eines konzeptuell umfassender gedachten Instruments virtuell sind – und wo Grenzen der Virtualisierung des Instruments gezogen werden können. Hier tre-ten Konzepte in Erscheinung, die virtuelle Formen nicht als Instrumente, sondern gewissermaßen nur als Bestandteile von Instrumenten konzipieren, außerdem 1n-den sich musikalische Interfaces, die selbst den Anspruch erheben, das Instrument zu sein.Andererseits beansprucht der populäre Begriff » virtuelles Instrument « die Be-achtung der Perspektive einer Identi1kation von Software und Instrument. Hier macht gerade auch der Blick in die Geschichte der Computerinstrumente deutlich,dass es seit Beginn computerbasierter Musikproduktion und darüber hinaus durch-aus eine Identi1kation von Instrument und Klangerzeuger – später: Programm –gab. Dieser Entwurf der Instrumente im akustischen Cyberspace (Harenberg) kommt der Idee des hermetisch-virtuellen Instruments so nahe wie möglich.Angesichts dieser anscheinend diametralen Systematiken bleibt es in Folge ent-scheidend, keinen Ding-orientierten, letztlich normativ-exkludierenden Instrumen-tenbegriff anzuwenden, denn dieser stößt in einer pluralistischen und diversi1zier-ten Musikkultur offenbar schnell auf Widersprüche und leicht auf Gegenbeispiele.Die drei folgenden Abschnitten zeigen solch unterschiedliche Ansätze des Umgangs mit und der Inszenierung von digitaler Virtualität. Dabei geht es weniger um die Beanspruchung systematischer Vollständigkeit, sondern vielmehr um die Darstel-lung kontrovers verlaufender Strategien, deren lose Enden anschließend wieder zu-sammengeführt werden müssen. Rolf Großmanns in einem weiteren späteren Ab-schnitt skizzierte soziokulturelle Annäherung an das » Konzept Musikinstrument « 76 Z. B. Nachbildungen der » Akai MPC « als MIDI-Controller, oder die Korg » Legacy Collection « incl.Controller in Form des Vorbilds mit vollständig nachmodellierter Synthesizer-Steuerung.