6.2 Über computerbasierte Musikproduktion und Virtualität 221 gangs mit digitaler Virtualität, eine veränderte Epistemologie des Cyberspace und somit auch Neukon1gurationen im Bereich der Musikinstrumente.Wenngleich man sich hier noch auf dem unsicheren Feld der Prognose be1ndet,darf vermutet werden, dass das Mapping, beziehungsweise nun dessen Wegfall,7 einen Unterschied einführt, der einen Unterschied macht. Wenn die virtuellen For-men der tangible screens nativ berührbar und etwa auch anschlagsdynamisch spiel-bar werden, löst sich die Grenze zwischen vermeintlich » realen « und virtuellen Ob-jekten weiter auf. Zwischen Programm und Bedienteil ist nicht mehr klar zu unter-scheiden. Das Interface wird hier nicht getrennt vom Generator, sondern als Teil desselben wahrgenommen,8 es ist nicht mehr nur eine Art (mechanisches) Interface,es ist kein Gerät zur » Fernsteuerung « virtueller (Klang-)Welten, sondern ver-schmilzt mit dem virtuellen Klangerzeuger zu einem Musikinstrument, so dass die seit der Kirchenorgel offensichtliche Trennung von Generator (Pfeifen) und Interface (Spieltisch) zunehmend verschwindet und – zumindest für den Nutzer (den Instru-mentalisten) sich als neu entstehende Einheit eines musikalisch zu nutzenden Arte-fakts 9 präsentiert.Klang und Körper eines Instruments gelten im Computerzeitalter als entkoppelt.Wird die Klangsteuerung betrachtet, kann nicht gleichzeitig die Klangerzeugung be-obachtet werden. Umgekehrt gilt: der Syntheseteil ist unabhängig von der Steue-rungsart. Beide bleiben jedoch im Diskurs um computerbasierte Musikproduktion virulent, sie sind technisch entkoppelt, werden jedoch nicht fragmentiert wahrge-nommen, sondern immer als Einheit. Die hier eingeführte Idee des Instruments als Artefakt mit Ober- und Unterfäche könnte somit einerseits hinreichend fexibel für verschiedene Beobachtungsstandorte, andererseits strikt genug für eine systemati-sche Fassung und Berücksichtigung der Eigenheiten medialer Artefakte sein. Ob im Folgenden die Unterscheidung Controller/Syntheseteil als allgemeinerer, generali-sierter Fall der Unterscheidung Interface/Generator im Zusammenhang mit com-puterbasierter Musikproduktion handhabbar ist, müssen weitere Untersuchungen zeigen.6.3 Fazit des Fazits Zu Beginn des zweiten Jahrzehnts des einundzwanzigsten Jahrhunderts ist, wie gleich zu Beginn der Arbeit bereits angedeutet, offenbar ein weitgehend pragmati-sches, unaufgeregtes » Sprechen über « digitale Virtualität möglich. In diesem Sinne verstand sich diese Arbeit als Teil eines Verständigungsprozesses, der angesichts ubiquitärer virtueller Welten und noch weitgehend unverstandener soziokultureller Transformationsprozesse dringend notwendig erschien. Die Möglichkeit der Er-7 Hier ist ein Wegfall des Mappings durch den User gemeint. Für eine dezidierte Klangsynthese ist na-türlich immer Input durch eine Bedienoberfäche notwendig, doch wird diese zunehmend von Instru-mentenbauern (Programmierern) übernommen.8 In diesem Zuge greifen auch die systemtheoretischen Überlegungen zum medialen Raum. Sie zeigen,dass Realität nicht etwas ist, das gewissermaßen passiv einfach geschieht, sondern aktiv hergestellt werden kann.9 Dies schlägt Rolf Großmann als Minimalkonsens für einen Instrumentenbegriff vor.