1.2 Quellen und Forschungsstand 9 Umso verblüffender ist,dass eine genaue Benennung dessen,was denn nun das intendierte und zu betrachtende Werk ist,im Einzelfall erstaunlich schwierig sein kann.Ist es die Single-Version oder die LP-Fassung (die sich z.B.bei » Let It Be « und » Across The Universe « unterscheiden)?Die Mono-oder Stereofassungen?Können die CD-Fassungen zur Beurteilung herangezogen werden,obwohl sie später nachbearbeitet wurden?Auch der Umfang des Werkkatalogs ist nicht ganz leicht abzugrenzen.Gehören die frühen Aufnahmen mit Tony Sheridan dazu oder nicht?Zählt man die Liveauf-nahmen hinzu,obwohl sie erst nachträglich veröffentlicht wurden?Als Konsens gilt (auch für die vorliegende Untersuchung),die britischen (d.h.nicht die amerikanischen)Veröffentlichungen von 1962 bis 1970,beginnend mit der Single » Love Me Do « /» PS I Love You « und bis zur LP Let It Be,als verbindlichen Werkkatalog zu betrachten.Die Differenzen zwischen den verschiedenen Fassungen (mono vs.stereo,Platte vs.CD)fallen für diese Arbeit weniger ins Gewicht,da es hier mehr um die grundsätzliche musikalische Struktur der Songs geht.Dieser Arbeit liegen die CD-Fassungen zu Grunde,wobei in einigen Fällen die Schallplatte zum Vergleich herangezogen wurde.Dass es sich bei den CDs um die stereofonen Fassungen handelt,verfälscht zwar leicht die Intention der Komponisten,die in der Regel mit Blick auf die monofonen Fassungen gearbeitet haben (s.u.S.117),erleichtert aber deutlich das Durchhören der Aufnahmen,da die verschiedenen Spuren an unterschiedliche Stellen des Stereopanoramas gemischt wurden.Neben den offiziellen Veröffentlichungen gibt es eine unübersehbare Zahl von Bootlegs,d.h.illegal verbreiteten Aufnahmen,auf denen Outtakes oder Demofas-sungen veröffentlicht werden.Outtakes sind Fassungen von Songs,die nicht ver-öffentlicht worden sind,weil es sich um Probe-oder Demofassungen,misslungene oder verworfene Aufnahmen handelt.Sie geben als Kompositionsskizzen Einblicke in die Entstehung eines Songs.Everett zieht in The Beatles As Musicians sehr oft solche Fassungen zum Vergleich heran und kann daraus interessante Einsichten ableiten.Da diese Aufnahmen aber,wie bereits gesagt,in der Regel illegal vertrie-ben werden,werden sie hier nicht berücksichtigt.In einigen Fällen werden aber die Outtakes und alternativen Versionen,die 1995/1996 auf den Anthology-CDs veröffentlicht wurden,zum Vergleich herangezogen.1.2.4.2 Transkriptionen Obwohl die Tonaufnahme die verbindliche Version der Werke darstellt,ist aus vie-lerlei Gründen eine Verschriftlichung der Musik nützlich und notwendig,nicht zu-letzt,um in dieser –schriftlichen –Arbeit darauf Bezug nehmen zu können.Da das eigene Transkribieren sehr aufwändig ist,kommt den Notenausgaben der Beatles-Songs für die musikwissenschaftliche Arbeit große Bedeutung zu.Generell muss man leider sagen,dass alle bekannten Notenausgaben viel zu wünschen übrig lassen.Koskimäki hat in einer detaillierten Untersuchung verschiedene Notenausga-ben am Beispiel des Songs » Happiness Is A Warm Gun « verglichen.Sein Ergebnis:» Most of the publications were simply illogical,hard to read and more or less full of mistakes.« (Koskimäki,202)Das gilt leider auch für The Beatles Complete Scores (im Folgenden nur kurz » Scores « genannt),dennoch nehmen sie unter den bekannten Transkriptionen eine