2.2 Biografisches 27 SPIEGEL:...dabei könnte man annehmen,dass es ein harter Job ist,der ewige Beatle Paul McCartney zu sein.McCartney:Das ist schon in Ordnung.Die Last ist ja auf zwei McCartneys verteilt,den Privatmann und die Medienerscheinung.SPIEGEL:Wer sitzt vor uns?McCartney:Ein Zwitter.Ich bin hier,weil ich das Album veröffentlicht habe,aber ich rede wie bei einer privaten Unterhaltung.Wirklich im Rampenlicht,bei Fernsehaufnahmen,Fototerminen,steht immer der Andere.Der Profi.Der Popstar.Das Idol.Und wenn ich nach Hause komme und mir eine Tasse Tee zubereite,sitzt da immer Paul,der Junge aus Liverpool,der immer noch staunt,was eigentlich los ist.SPIEGEL:Wie haben Sie Ihren Kindern die zwei McCartneys erklärt?McCartney:Zu Hause heiße ich Dad.Das ist bei uns nicht anders als bei anderen Familien.Und später haben die Kinder gelernt,dass wir McCartney heißen.Den anderen Paul haben sie zuerst im Fernsehen kennen gelernt.Meine Tochter Stella,die heute Mode-Chefdesignerin von Chloé ist,kam als kleines Mädchen eines Tages an und wollte wissen,was ich mit diesem Paul McCartney zu tun hätte:Daddy,bist du das?Das ist dann der Zeitpunkt,die Sache zu erklären.SPIEGEL:Waren Sie in diesem Moment stolz auf Paul,den Beatle?McCartney:Natürlich,sehr stolz sogar.SPIEGEL:Entwickeln sich ihre beiden Persönlichkeiten harmonisch parallel zueinander oder mit den Jahren eher voneinander weg?McCartney:Es ist ein schizophrener Job,die beiden in Einklang zu halten.Aber ich beherrsche das Spiel ziemlich gut,glauben Sie mir.SPIEGEL:Ist das alles ein Spiel für Sie?McCartney:Musik ist so ein Spiel wie Ruhm.Ein Kinderspiel,ganz simple Regeln.SPIEGEL:Und die Regeln des Ruhms verstehen Sie komplett?McCartney:Wenn nicht ich,wer sonst?(Dallach/Wellershoff,Spiegel,106)McCartneys Fähigkeit,in Rollen zu schlüpfen,kommt auch in vielen seiner Songs zum Ausdruck (» When I’m Sixty-Four « ,» Sgt.Pepper’s Lonely Hearts Club Band « ,» Ob-La-Di,Ob-La-Da « ,» She’s Leaving Home « und viele andere).Auf der LP Sgt.Pepper’s Lonely Hearts Club Band lässt er nicht nur sich,sondern die ganze Band in eine andere Rolle schlüpfen:Er versuchte,etwas Abstand zwischen die Beatles und die Öffentlichkeit zu bringen –und so kam es zu dieser Sgt.Pepper-Identität.(Lennon in Anthology,241)Wir waren einfach Sgt.Pepper’s Band,und während des gesamten Albums taten wir so,als ob wir andere wären.Wenn also John nach vorn zum Mikro-fon ging,um zu singen,dann war das nicht der neue Song von John Lennon,sondern von wem auch immer in dieser neuen Gruppe,von seiner Phanta-siefigur.Das befreite einen –man konnte alles mögliche machen,wenn man