2.6 Harmonik 75 Abbildung 2.55:» Lady Madonna « ,McCartney McCartneys Vorliebe für die Verwendung von Tonleitern zeigt hier einen spieleri-schen,fast sportlichen Ehrgeiz.Die Basslinie besteht –bis auf die beiden Quintfälle am Schluss –ausschließlich aus Sekundschritten.Die Harmonisation ist dabei ab-solut traditionell,es handelt sich um zwei II–V–I–Kadenzen,zuerst nach C,dann nach A.Jederzeit ist eindeutig,was die Tonika ist.Die Fortschreitung ist vorher-sehbar,nach Bm7 –E74 –E7 (II–V)tritt A als erwartete Auflösung (I)ein.Die neue Tonika beginnt damit –gut vorbereitet und angekündigt –den neuen Form-abschnitt.In » I Am The Walrus « wird die gleiche Tonleiter im Bass ganz anders harmoni-siert:Abbildung 2.56:» I Am The Walrus « ,Lennon Anstatt wie McCartney Akkordgrundtöne auf schwerer Zeit über Durchgänge auf leichter Zeit anzusteuern,baut Lennon unterschiedslos über jedem Basston einen Dur-Dreiklang auf.Da die Akkorde dabei nicht nur aus leitereigenen Tönen beste-hen,beziehen sie sich nicht jederzeit eindeutig auf die Tonika,sondern stehen als gerückte Dur-Dreiklänge unverbunden nebeneinander.Wie jede Akkordfolge kann man auch diese Harmonien mit entsprechenden Anstrengungen funktional deuten,eine solche Deutung würde aber an der Besonderheit der Fortschreitung vorbei-gehen.Sie ist nicht zielgerichtet.Zu keinem Zeitpunkt ist vorherzusagen,was der nächste Akkord sein wird oder ob die Basslinie im nächsten Schritt steigen oder fallen wird.McCartneys Form ist nach acht Takten offensichtlich und vorhersehbar beendet.Lennons Akkordfolge könnte beliebig lang weiterfließen.2.6.4 Zusammenfassung Die Verwendung der Kadenzharmonik mit dem Quintfall als ihrem zentralen Merk-mal zeigt wesentliche Unterschiede zwischen beiden Komponisten.