4.3 Schlusswort 191 4.3 Schlusswort Entscheidend für den Erfolg des Songwriter-Duos Lennon/McCartney war der Syn-ergieeffekt,der sich aus der gemeinsamen Arbeit in der Band ergab:Jeder Einzelne war sehr gut,gemeinsam waren sie unschlagbar.George Martin findet ein schönes Bild dafür:Eine Vinaigrette wird aus Essig und Öl angerührt.Die Frage,welche der beiden Zutaten wichtiger ist,ist müßig.Das Besondere,die Sauce,entsteht nur aus der Kombinantion der beiden Zutaten.(vgl.Coleman,278)Dennoch:So unterschiedlich wie Essig und Öl sind auch die beiden Teile des Duos,und worin diese Unterschiede bestehen,hat diese Arbeit gezeigt.Wollte man im Bild bleiben,könnte man Lennon die Rolle des Essigs zuweisen.Er bringt Frische und Spritzigkeit in die Mischung,kann aber durch seine Ironie und seinen Zynismus auch beißend sein.McCartney übernimmt in gewisser Weise die Rolle des Öls,er gibt Struktur und rundet ab,kann aber auch glatt und langweilig sein.Dass solche Bilder zwar sehr anschaulich,aber leider auch sehr problematisch sein können,sei an einem anderen Beispiel ausgeführt,welches ganz zu Anfang der Arbeit bereits einmal genannt wurde:Ist Lennon der Künstler und McCartney der Handwerker?Mit Hilfe der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung soll an drei Punkten gezeigt werden,dass auch diesem Vergleich etwas abzugewinnen ist,auch er aber das Verhältnis zwischen Lennon und McCartney nicht richtig abzubilden vermag.Erstens:Lennons Drang,sich selbst auszudrücken,in Bildern,Texten und vor allem durch seine Musik,passt hervorragend ins Bild.Ist aber McCartneys Cha-rakterzug,seine persönlichen Gefühle und Gedanken nicht preiszugeben,wirklich einem Handwerker zuzuordnen?Zweitens:Lennons Art zu arbeiten will uns wie die eines Künstlers erscheinen.Er zeichnet sich nicht dadurch aus,dass er Bekanntes verwendet,das Besondere an ihm ist,dass er originelle Lösungen findet und noch nicht Dagewesenes schafft.Wie im Rausch (und oft genug tatsächlich berauscht)erschafft er staunen machende Kunstwerke.Als Genie erkennt er keine Grenzen an,sondern bricht sie unentwegt.Erscheint uns McCartney da nicht wirklich wie ein Handwerker?Er ist fleißig und strebsam.Mit großer Lernbegierde eignet er sich die bestehenden Ausdrucksmittel an und verwendet sie meisterhaft.Er arbeitet planvoll,ausdauernd und geduldig.Bevor auf die trügerische Schlüssigkeit dieses Bildes eingegangen werden muss,soll noch der letzte Punkt genannt werden,der leider gar nicht ins Bild passen will.Drittens:Lennon liebt die Sprache und handhabt sie im täglichen Umgang und in seinen Texten virtuos.Die Musik dient in aller Regel zur Vertonung seiner Worte und folgt ihnen.McCartney hingegen arbeitet genau umgekehrt,er schreibt Musik und findet dann passende Worte zur Melodie.Unter dem Strich zeigt sich:Punkt eins passt nur halb ins Bild,Punkt zwei anscheinend gut,Punkt drei gar nicht.Jedoch führt gerade Punkt zwei an die Grenzen der Aussagekraft des Bildes:Problematisch ist das Bild des Künstlers,das hier entworfen wird.So selbstverständlich es uns erscheinen mag,dass ein Künstler individuell und originell sein soll,so fremd war dieser Gedanke beispielsweise einem barocken Künstler.Und sind Lernbegierde und Fleiß wirklich un-künstlerisch und nur dem Handwerker eigen?Eine fundierte Diskussion über das Wesen der Kunst