6 Technische Voraussetzungen: Soundchips Die kanadische Musikwissenschaftlerin Karen Collins (2003a: 1) schlägt für die hi-storische Unterscheidung der verschiedenen Soundchips eine Zeiteinteilung vor, die drei Abschnitte umfasst. Ihr erster beginnt mit den 8 Bit-Plattformen, in welcher sie neben den frühen Soundchips (ab 1977) auch die fest integrierten, analogen Schaltkreise (ab den frühen 1970er Jahren) einschließt.4 Ihr zweiter Abschnitt wird »the ›in-between‹ years« genannt, in denen FM-Synthese, das MIDI-Datenformat sowie Sampling-Fähigkeiten implementiert werden wodurch die Gestaltungsmög-lichkeiten für Komponisten steigen. Der dritte Abschnitt beginnt mit Einzug der CD-ROM-Technologie und zeichnet sich durch denWegfall vorher bestehender Ein-schränkungen und somit eine künstlerische Freiheit in Bezug auf die Wahl des Klangmaterial aus.5 Durch die Einbindung von streamed bzw. Redbook-Audio wird es möglich, mit kompositorischer Freiheit, ohne wesentliche, durch die Sound-hardware auferlegte Beschränkungen, musikalische Ideen umzusetzen.6 Die tech-nischen Limitierungen von Soundchip-Musik in Bezug auf Klangfarbe, Klangge-staltung, Speicherplatz und andere Ressourcen werden damit hinfällig. Mit dieser Entwicklung endet auch die den technischen Voraussetzungen stark untergeordnete Soundchip-Musik, um die es in dieser Arbeit geht. Die folgenden Kapitel widmen sich den ersten beiden genannten Abschnitten, wobei Collins’ ersterer im Rahmen dieser Arbeit in frühe PSG-Soundchips (Stel-la/ VIA, AY-3891x, SN 76489 AN und Pokey) und weiterentwickelte, den früheren im Hinblick auf die Möglichkeiten der Klangerzeugung überlegene PSG-Soundchips (MOS SID & und 2A03) unterteilt wird. Hierbei beschränkt sich die Auswahl auf die am häufigsten verwendeten und für die Geschichte der Computerspiele wichtig-sten Soundchips. Nicht eingegangen wird z. B. auf die Heimcomputer Commodore VC 20, Tandy TRS 80 und Texas Instruments Ti 99/4. Auch der Apple II und verschiedene Sampling-Chips, die sich ab Mitte der 1980er Jahren in einer Reihe von Arcade-Spielautomaten finden, werden im Rahmen dieser Arbeit aus-auf der y-Achse und der Abtastfrequenz auf der x-Achse definierten Koordinatensystem. Bei der Pulse Width Modulation werden die gesampelten Informationen durch Modulation der Pulsbreite einer Pulswelle gespeichert. ADPCM (Adaptive Differenz Puls Code Modulation) ist ein Verfahren, in dem anstelle der einzelnen Sampling-Werte die relationale Abweichung dieser voneinander gespeichert wird. Zu den verschiedenen Kodierungsverfahren vgl. Acker-mann (1991: 83, 227). In CD-Qualität (16 Bit-Auflösung bei einer Abtastfrequenz von 44,1 kHz) gesampletes und wiedergegebenes Material wird in der Computerspielindustrie als »Di-gital Audio« bezeichnet. 4 Die Aufteilung in die drei Zeitabschnitte erfolgt bei Collins nach technikhistorischen Aspekten und ist aus diesem Grund auch für die vorliegende Arbeit von Interesse. Andere Geschichts-schreibungen für Computerspielmusik wie z. B. von Brandon 2003, 197ff teilen die Entwicklung nach anderen Gesichtspunkten und damit auch in andere Zeiträume ein. 5 Auf PC wurde die Festspeicherung auf CD ab Anfang der 1990er Jahre zunehmend zum Standard, für Spielkonsolen markiert die so genannte 32 Bit-Generation, deren berühmtester Vertreter die Sony Playstation (1994) ist, den Übergang zu optischen Speichermedien. Le-diglich der japanische Hersteller Nintendo verzichtet bei dem 1996 erscheinenen Nintendo 64 auf die Implementierung eines CD-basierten Speichermediums und zieht die in Bezug auf ihre Speicherkapazität eingeschränkten Festspeicher-Modulen vor. 6 Bei Redbook Audio wird ein unkomprimierter Audio-Track von CD wiedergegeben. Beim Stre-aming wird ein digitaler Datenstrom von der CD gelesen und für das Spielprogramm bereitge-stellt (streamed Audio). Gestreamte Musikdaten können somit auch in komprimierten Forma-ten vorliegen, während Redbook-Audio zwar die Spiel-Engine entlastet, dafür aber mitunter viel Platz auf der CD verbraucht (vgl. Boer 2003: 29, 575f).