74 Strategien der Gestaltung von Computerspielmusik für Soundchips erzeugte Adaptivität ist laut Brandon (2003: 204) für 90% aller Spiele, die Adapti-ve Audio verwenden, die bevorzugte Technik. Dabei wird der Bruch zwischen den beiden aufeinander folgenden Musikstücken durch die von Schmidt beschriebenen Bögen erwirkt. In Spielen der 1980er Jahre sind diese Bögen statt längerer melo-discher Phrasen häufig nur kurze Soundeffekte, die zum nächsten game state samt neuer Musik überleiten. In vielen Fällen beginnt die nächste Melodie auch ohne überleitende Bögen. Der harte Bruch kann durch die Verwendung eines gemeinsamen tonalen Zentrums bzw. sinnvoller Kadenzen gemildert werden. Er kann jedoch auch intendiert sein, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, wie die Sirene in dem Spiel Bomb Jack (Tekhan, 1984) zeigt: Hier wird nach einer bestimmten Anzahl aufgesammelter Bomben die Hintergrundmusik durch eine Sirene ausgetauscht. Währenddessen erscheint ein Item, das sich über den Bildschirm bewegt. Nach dessen Aufsammeln kann der Spieler in einer zeitlich begrenzten Bonusrunde die vorher unbesiegbaren Monster auffressen. Die Sirene deckt dabei den Tonumfang von über einer Oktave ab. Die sich nach dem Aufsammeln anschließende Bonusrunde dauert genau einen vier-taktigen Turnaround von Tonika, Moll-Parallele, Subdominante und Dominante (n029), wonach die dem jeweiligen Level entsprechende Hintergrundmusik (auf der Tonika) von vorne beginnt und das Spiel wieder zum Ausgangs-state (keine Unver-wundbarkeit, dafür tauchen die Monster wieder auf) zurückspringt (n007/n007b). Ein Beispiel für die durch einen harten Bruch der Musik erzeugten Adaptivität ist die in vielen Spielen implementierte Schlusskadenz beim Tod der Spielfigur etwa in Super Mario Bros. (n030)(Nintendo, 1985), welche Whalen (2004) zusammen mit der Game Over-Melodie (n031) mit bekannten Jingles von Gewinn-Shows im Privatfernsehen vergleicht: »›Dying‹ in Super Mario Bros. produces a staccato pulse followed by a con-ciliatory musical cadence reminiscent of the music one hears upon a conte-stant’s mis-estimating the value of a vacuum cleaner or dish set on ›The Price is Right‹« (Whalen 2004: o. S. Hervorh. i. O.). Auch das Spiel Parodius (Konami, 1990) verwendet eine ähnliche Schlussphra-se beim Ableben (n032). Es lassen sich viele weitere Beispiele für game state-Änderungen begleitende, musikalische Elemente finden: In Dig Dug ebenso wie bei Bomb Jack und Super Mario Bros. existieren kurze Level-Complete-Musiken (n033–035), in denen eine kleine Melodie das vorher penetrant sich wiederholende Thema abschließt. Gerade bei der musikalischen Simplizität des Dig Dug-Themas ist diese musikalische ›Erlösung‹ als unterstützendes Moment für das erleichternde Gefühl, ein Level gelöst zu haben, zu werten. Adaptivität durch Wechsel der Hintergrundmusik lässt sich auch im Adventure- Genre häufig finden, wenn Orte und Ereignisse mit bestimmten Hintergrundmusi-ken untermalt sind. Beispielsweise finden sich in Rollenspielen musikalische Themen für Kampfszenen oder Orte wie Shops, Gasthäuser, das eigene Heim, Kirchen, Tem-pel etc.. Der informative Charakter dieser an Orte gekoppelten Musik ist hingegen 24 Wenn der Spieler in Vanguard durch ein Treibstofflager fliegt, wird die Hintergrundmusik durch ein Musikstück triumphierenden Charakters ausgetauscht, solange die dadurch erlangte Unverwundbarkeit anhält (ca. 15 Sekunden) (vgl. Brandon 2003: 203f).