108 Populäre Soundchip-Musik puterspielmusik sind simple, oktavierte Bassläufe und die auf schnellen Arpeggien basierenden quasi-Akkorde. Auch diese werden vor allem von Beschränkungen be-dingt. In einem größeren Maßstab betrachtet dürfen auch die einfachen Liedformen mit simplen Aufbau (vgl. Altmann 1968: 31ff) als typische formale Eigenart von Soundchip-Musik betrachtet werden, deren Instrumentierung generell mit musika-lisch einfachen Mitteln geschieht.5 4.2 Verfahrensweisen und Tools Soundchip-Musik wie auch populäre elektronische Musik im Allgemeinen sind von der ihnen zu Grunde liegenden Technik determiniert, wären ohne ihre technischen Voraussetzungen also nicht denkbar. Die rasante Entwicklung der elektronischen, nun digitalen Musikproduktion seit Mitte der 1990er Jahre hat zu einer Reihe von neuen Phänomenen und einer rasanten Aufgliederung der Genres und Stilistiken im Bereich der populären Musik geführt.6 Für virtuelle Studioumgebungen ist mittler-weile eine große Zahl von verschiedenen Klangerzeugungs-PlugIns erschienen, die auf der Emulation von historischen elektronischen Klangerzeugern basieren. Diese werden auch als virtuelle Musikinstrumente bezeichnet.7 Emulation ist auch für Soundchip-Musik ein überaus wichtiges Verfahren, da erst sie es ermöglicht, die Klanglichkeit von Soundchip von ihren ehemaligen Beschrän-kungen emanzipiert zu nutzen. Auf emulierten Hardwareplattformen ist es außer-dem möglich, für sie programmierte Kompositionstools zu nutzen. Darüber hinaus existieren verschiedene, die Klangerzeugung von Soundchips emulierenden Tools und VST-PlugIns. PlugIns, welche die Klangerzeugung der Soundchips emulieren, kokettieren dabei im Unterschied zu jenen, die klassische Synthesizer und ande-re Studio-Gerätschaften emulieren nicht mit der fotorealistischen Repräsentation einer Arbeitsoberfläche,8 schlicht weil diese für Soundchips nicht existiert. Allein die möglichst exakte Nachbildung der ihrer Klangerzeugung zugrunde liegenden digitalen Schaltkreise ist bei ihrer Programmierung Anliegen. Auch die zahlreichen Wiedergabe-PlugIns für z. B. WinAmp, die das Abspielen diverser Dateiformate von Soundchip-Musik ermöglichen, basieren auf Emulationen.9 5 Oktavierte Bassläufe finden sich z. B. in Bubble Bobble (n042), als Beispiel für die über-aus typischen Arpeggien sei abermals auf das Thema von The Great Giana Sisters (n049)verwiesen. Beide Techniken sind auch in der Atari St–Version des Bubble Bobble- Themas zu hören (n084). Viele Hintergrundmusiken verwenden außerdem klassische Lied-formen (z. B. Bubble Bobble: AA’BB’). Das Super Mario Bros-Thema stellt mit der ›Bridge‹ (D) und der Reprise ihrer zweiten Wiederholung (D’) bereits ein aufwendigeres Ar-rangement dar: AABBCC’AADD’CC’D’ (n019). 6 Diese Entwicklung kennzeichnende Stichworte sind unter anderem: virtuelle Studioumgebung, Emulation von Klangerzeugern, Software-Sampler und Bedroom Producer. Die Aufgliederung der Genres und Stilistiken zeichnen Bogdanov et al. 2001 nach. 7 Harenberg (2003: 69ff) setzt sich kritisch mit Aspekten der Entwicklung virtueller Instrumente auseinander, wie mit der bloß im Ab- und Nachbildcharakter verhafteten Interface-Metapher. 8 Ein illustratives Beispiel für fotorealistische Nachempfindungen einer historischen Arbeitso-berflächen/ Interfaces findet sich auf der Herstellerseite der Software-Firma Arturia, die eine Emulation des Moog V-Modularsystems verkaufen: http://www.arturia.com/en/moog/mmscreenshots.php (25.07.2005).