- 228 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Wurzeln und Voraussetzungen

Seitdem man Klänge mit technischen Hilfsmitteln aufzeichnen kann, wurden diese Techniken nicht nur für Dokumentationszwecke verwendet, sondern auch als neues künstlerisches Medium genutzt.

Ohne jetzt die Geschichte der Schallspeicherungstechnik Revue passieren zu lassen, sei doch zumindest erwähnt, daß in den 50er Jahren mit der französischen Musique concrète, der amerikanischen Music for Tape und der elektronischen Musik, wie sie zunächst in Köln betrieben wurde, drei wichtige künstlerische Richtungen entstanden, die alle ohne das Vorhandensein eines Mediums zur Schallaufzeichnung nicht existent wären. Seit den 50er Jahren hat sich zumindest auf technischer Ebene viel getan, und so ist heute Schallspeicherung im Computer eine qualitativ hochwertige und dennoch weit verbreitete und leicht zugängliche Technik geworden.1

1
für weitergehende Ausführungen dazu siehe: André Ruschkowski: Elektronische Klänge und musikalische Entdeckungen. Reclam Stuttgart 1998 (siehe hierzu auch: http://www.ruschkowski.de).

Von der technischen Seite gibt es also keine prinzipiellen Probleme, doch was ist mit der künstlerischen Seite? Die Frage bleibt: Warum gerade Tonaufnahmen als künstlerischer Ausgangspunkt?

Weltweite Kommunikation führt heute dazu, daß uns Nachrichten aus jedem noch so fernen Ort der Welt mit Lichtgeschwindigkeit erreichen können. Eine Verdichtung der Raum- und Zeitwahrnehmung ist die Folge. Dieser Tendenz zur Vereinheitlichung steht komplementärerweise eine Tendenz zur Separierung gegenüber. Mit dem Schwinden der räumlichen Barrieren wächst auf der anderen Seite die Sensibilität für das, was diesen Raum eigentlich ausmacht, ihn von anderen unterscheidet. Zu den unverwechselbaren Charakteristiken gehört auch die – oft nur unbewußt wahrgenommene – individuelle Klangwelt eines Raumes.

Diese ist in ihrer Struktur für jeden Bewohner von dessen Tätigkeiten in diesem Raum geprägt, besitzt aber darüber hinaus – durch die vielfältigen Verflechtungen mit den Klangwelten anderer Personen dieses Raumes – stark interpersonellen Charakter. D. h. es existiert eine permanente Wechselwirkung zwischen der eigenen Wahrnehmung, der Wahrnehmung derer, die man wahrnimmt, sowie dem globalen Netzwerk mit seinen Informationen, die sich der unmittelbaren physischen Erfahrung entziehen.

Die Komposition SALZBURGTRUM thematisiert diese Vielschichtigkeit individueller menschlicher Raumwahrnehmungen und deren Interaktion in der Stadt Salzburg anhand charakteristischer Klangzeichen.

Das musikalische Material von SALZBURGTRUM besteht aus zwei Ebenen. Dominierendes Element sind Originalton-Aufnahmen von ausgewählten Orten der Stadt Salzburg. Deren Selektion erfolgte zunächst nach inhaltlichen Gesichtspunkten. Dazu gehört die wiedererkennbare akustische Beschreibung bekannter Salzburger Räume sowie von Räumen mit starker individueller Bedeutsamkeit für den Autor. Eine weitere Ebene der Selektion bildeten strukturelle Kriterien der Klangräume, wie Weite, Ereignisdichte oder Dynamik. Die Originalton-Ebene wird ergänzt und kontrastiert durch deren elektronische Bearbeitungen bzw. Modifikationen der Originalaufnahmen. So entstehen drei verschiedene elementare Materialkategorien:


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