- 330 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Kants kritische Philosophie, seine Auseinandersetzung mit dem Problem Zeit und Raum). Die akustische Wahrnehmung von räumlichen Formen ist daher schwieriger als die optische. Der Hörraum ist immer auf den Standort des Zuhörers bezogen, daher steht die Hörqualität relativ zum Standort des Zuhörers. Von daher gesehen ist die übliche Frage, ,wo höre ich am besten‘, beim Konzertkartenkauf verständlich: Wir müssen diese Tatsache bei der Klangsteuerung und vor allem bei der Klangbewegung von Live-Signalen berücksichtigen. Diese, nur kurz angesprochenen akustischen Probleme werde ich beim Thema Erhören eines Klangraumes noch ergänzen.

Im Folgenden berichte ich über meine Experimente, simulierte elektronische Klangräume zu entwickeln. Alle Konfigurationen vom Aufbau dieser Versuche werden nur schematisch dargestellt, sie sind keine Aussage über eine analoge oder digitale Funktion. Die heutige schnelle Entwicklung elektronischer Bauelemente macht es außerdem unmöglich, alle unterschiedlichen Bauarten aufzuzeigen. Und um einmal ehrlich zu bekennen: für mich ist es vollkommen gleichgültig, ob die Herstellung eines Gerätes digital, hybrid oder analog ist. Wichtig bleibt das akustisch-musikalische Resultat und eine bedienungsfreundliche Handhabung für den Konzertgebrauch. Ich habe während meiner 20jährigen Tätigkeit im Experimentalstudio der Heinrich-Strobel-Stiftung des Südwestfunks die Vor- und Nachteile analoger und digitaler Instrumente kennen gelernt und bin auch heute noch ein Freund der Gemischtbauweise. Der Computer hat uns für die Entwicklung neuer Raumsimulationen unbegrenzte Möglichkeiten eröffnet. Gerade aber diese Unbegrenztheit birgt in sich die Gefahr, daß wir akustische und musikalische Werte vernachlässigen und dem reinen Klangeffekt frönen.

Angeregt von den ersten Synthesizern war und bedeutet auch heute noch die Steuerung, die Kontrolle von elektronischen Baugruppen, wie z. B. einem Verstärker, mittels einer Gleichspannung, für mich ein Umbruch im musikalischen, im kompositorischen Denken. Und nachdem mir mein Freund Dipl. Ing. Peter Lavo gegen Ende der 50er Jahre einen wunderbaren Gleichrichter für meine Mikrofonsignale konstruierte, wurde für mich klar, daß das Mikrofon eine neue zusätzliche Funktion erhielt: nicht nur die Übertragung von Schallwellen, sondern auch die Steuerung gleichspannungskontrollierter elektronischer Geräte. So stand am Anfang meiner elektronischen Bastelarbeit das Gate, wir könnten es auch elektronisches Tor nennen, ein Verstärker, der nicht nur wie unser altes Radio von Hand, sondern auch z. B. durch ein im Mikrofon aufgenommenes akustisches Signal geregelt werden konnte.

In Abbildung 1 sehen wir die Prinzipschaltung des Gates, die in dieser Form analog, hybrid oder rechnerisch gelöst werden kann. Unsere erste Regelung erfolgte analog, später dann hybrid, d. h., die Steuerspannungen werden digitalisiert und können so vielseitig bearbeitet und abgespeichert werden. Mit Einführung der MIDI-Technik folgte die reine digitale Steuerung. In Abbildung 2 haben wir das gleiche Gate nur mit invertierter Regelfunktion. Dieses Gate wird mit zunehmender Steuerspannung geschlossen. Die Steuerfunktion des Gates war für mich der Beginn meiner Versuche, eine universale Klangsteuerung zu entwickeln.

Schon die nächste Abbildung (Abbildung 3) zeigt den ersten Versuch einer Klangbewegung mit zwei Gates:


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