- 442 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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MIDI-Playback zu „Beinhart wie’n Rocker“ (Titelmelodie aus dem „Werner“-Film) genommen, per Knopfdruck von original B-Dur eine Sexte aufwärts nach G-Dur transponiert und hatte so in der Melodie die Töne H, A, G und in der Erweiterung das C. Da diese Töne alle mit der linken Hand zu spielen sind, war das der ideale Einstieg. Die Noten der Melodie konnten nun ausgedruckt werden (Noten lernen!), und nach der notwendigen Einführung der ersten Griffe mußten (besser: durften) die Schüler zum entsprechend im Tempo reduzierten Playback dazuspielen. Später wurde das Tempo entsprechend bis zum Originaltempo gesteigert. Das Verfahren habe ich dann noch mit etlichen anderen Pop-Titeln entsprechend wiederholt, wobei jedesmal der Tonraum und die Rhythmik erweitert wurden.

Mit diesem Verfahren wurden alle möglichen Ziele gleichzeitig verfolgt: Motivation erhalten und steigern, Tonraum des Instruments schrittweise erarbeiten und festigen, rhythmische Sicherheit festigen, Fingerfertigkeit steigern und gleichzeitig von der Begleitung durch das Playback in eine bestimmte Blastechnik gezwungen zu werden, ohne das diese besonders problematisiert werden mußte. Zusätzlich wurde durch die Sekundärmotivation des Playbacks die Aufmerksamkeit der Schüler so umgelenkt, daß sie nicht darauf achteten, wie sich ihr eigenes Spielen zunächst anhörte. Sie waren nur auf ihre Tätigkeit konzentriert. Dieser Effekt ist wie beim Karaoke-Singen nicht zu unterschätzen.

Spinnt man diesen Faden weiter, so sind alle erdenklichen Spielformen auch für den Unterricht mit anderen Instrumenten einsetzbar. Die musikpädagogische Souveränität erwächst auch hier wieder der Medienkompetenz des Lehrers. Er macht sich dabei den Computer zum Werkzeug seiner eigenen Ziele.

2.2.4 Der kognitive Bereich

Im kognitiven Bereich der Erarbeitung musikalischer Strukturen gibt es ganz andere Möglichkeiten. Hierbei hilft der Rechner durch Änderung des Klangbildes und der Instrumentierung den Wahrnehmungshorizont der Schüler zu erweitern.

Walter Carlos hat 1969 mit seinen Einspielungen Bachscher Werke auf dem Moog-Synthesizer den Anstoß gegeben. Man weise beispielsweise den Stimmen einer Fuge spezielle Klänge zu, die voneinander völlig verschieden sind und schon läßt sich der Verlauf und die Struktur der Komposition wesentlich besser verfolgen. Ggf. läßt sich das Hörerlebnis durch die synchrone Notendarstellung ergänzen. Das notwendige Repertoire von MIDI-Einspielungen, auch klassischer Musik, ist fast beliebig im Internet zu beschaffen.

Sequenzerprogramme sind dazu prädestiniert, mit eingespieltem musikalischen Material zu arbeiten. Ohne eine Note an die Tafel schreiben zu müssen, sind per Mausklick alle möglichen herkömmlichen kompositorischen Techniken nachzuvollziehen und gleichzeitig hörbar und im Notenbild zu erleben: Wiederholungen, Wiederholungen auf einer anderen Stufe, Umkehrungen, Spiegelungen, Kanonbildung, Verarbeitung von Themen oder Motiven. Alles ist per virtueller Schere, Pinsel und Klebetube machbar.

Die ständig verfügbare Kombination von auditiver und visueller Darstellung in verschiedenen Formen (Tastenanzeige, Griffbretteinblendung, Notenschrift, Tabulatoren, Partituren) verbunden mit einer Echtzeitablaufanzeige ist aus Sicht der Pädagogik ein Glücksfall, der längst nicht in allen Lernbereichen so möglich ist.


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