- 69 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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worin das ungewöhnlich Neue liegt. Doch unbenommen dessen zeigt die Analyse für das Geschehen im Netzwerk Relevanz. Zugleich ist auch im Netzwerk dem individuellen Geist Rechnung getragen und nicht allein dem unbewussten Mehrwert produzierenden Geschehen im Netz: Aufmerksamkeit ist das Gut, mit dessen Hilfe musikalische Zeitformen im sozialen Gedächtnis nur entstehen können. Diese ist den ‚global-playern‘ im großen Maße abgefordert, sofern sie in den komplexen Beziehungen, in denen sie stehen, ihrem Eindruck Ausdruck verleihen wollen. Schließlich gilt es nicht nur auf das eigene Tun zu achten und planend Ideen zu verwirklichen, sondern gleichsam achtzugeben auf das, was sich zur gleichen Zeit immer sonst noch alles tut. Die anderen bieten eine kritische Spiegelfläche der individuellen Gedankenarbeit, indem der eigene Kommentar für die Kritik freigegeben wird, die nachgerade über den Wert des geleisteten musikalischen Kommentars konstruktiv befindet. So sind es gleichsam immer auch die anderen, die das individuelle Tun mitbedenken, indem sie verändernd auf dasselbe und schließlich gemeinhin auf das Denken einwirken. Hier ist der Blick auf das lokale Einzelphänomen gerichtet. Die Gesamtschau des musikalischen Miteinanders verbleibt – wie auch anders – im Dunkeln. Das individuelle Gedächtnis schreibt sich in seiner unbewussten Anpassungsleistung kollektiv. So kommt man sich näher. So zeigt sich das individuelle Denken insgesamt verbunden mit dem virtuellen Sozialraum und dem, was, ausgelöst durch lokale Gedankenarbeit an verschiedenen Netzpunkten, im Globalen dann eigendynamisch resonierend sich entwirft.

Die Gemeinschaft der ‚global-players‘ bietet das Reizpotential, das das Netzwerk zu kurzgeschlossenen Neuverschaltungen animiert, sie operiert als der willkommene Fehler im System und provoziert das Netz zum entscheidenden Unterschied, der einen Unterschied ausmacht. Die soziale Welt des Netzwerkes lebt von der permanenten Entwicklung der Differenz, das zum Ergebnis das harmonisch zusammenklingende soziale Gedächtnis hat. Die Harmonie des Zusammenklangs ist gerade das Ergebnis der zugelassenen und erwarteten Dissonanz. Das klingt paradox. Doch ist die „Paradoxie [. . . ] die Orthodoxie unserer Zeit.“34

34
Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft. 2 Bde. Ffm 1997, S. 1144
Immer ist es das ausgeschlossen Eingeschlossene, wie zuvor schon angedeutet, das gleichsam mitschwingt und mitbedingt. Der unauslöschliche individuelle Widerspruch des einzelnen gewinnt flüchtigen Ausdruck im Netzwerk der kollektiven Erinnerung und erfährt dort durch den Widerspruch anderer den wünschenswerten Anschluss und seine soziale Anerkennung.

Das Netzwerk soziales Gedächtnis trägt in sich – trotz seiner anerkannten Technizität – die Idee eines menschlich sozialen Wirkens, da die Zuwendung weniger dem Klangwerk als dem gestaltenden Beobachter gilt, der in der Umwelt selektiv waltet und wieder störend einmischt. Es existiert – mit Luhmann – „ein Dekonstruktionsvorbehalt bei allen Unterscheidungen. Man kann, anders gesagt, immer fragen, wer die Unterscheidung trifft (wer der Beobachter ist) und warum er diese und nicht die andere Seite markiert.“35

35
Ebd., S. 1146
Dieses potentielle Mehr in der Kooperation immer mitbedenken zu müssen, zeitigt Auswirkungen auf das gedankliche und damit individuelle Sein, das sich beständig für den anderen interessiert. So ist schließlich

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