worin das ungewöhnlich Neue liegt. Doch unbenommen dessen zeigt die Analyse
für das Geschehen im Netzwerk Relevanz. Zugleich ist auch im Netzwerk dem
individuellen Geist Rechnung getragen und nicht allein dem unbewussten Mehrwert
produzierenden Geschehen im Netz: Aufmerksamkeit ist das Gut, mit dessen Hilfe
musikalische Zeitformen im sozialen Gedächtnis nur entstehen können. Diese ist
den ‚global-playern‘ im großen Maße abgefordert, sofern sie in den komplexen
Beziehungen, in denen sie stehen, ihrem Eindruck Ausdruck verleihen wollen.
Schließlich gilt es nicht nur auf das eigene Tun zu achten und planend Ideen zu
verwirklichen, sondern gleichsam achtzugeben auf das, was sich zur gleichen
Zeit immer sonst noch alles tut. Die anderen bieten eine kritische Spiegelfläche
der individuellen Gedankenarbeit, indem der eigene Kommentar für die Kritik
freigegeben wird, die nachgerade über den Wert des geleisteten musikalischen
Kommentars konstruktiv befindet. So sind es gleichsam immer auch die anderen,
die das individuelle Tun mitbedenken, indem sie verändernd auf dasselbe und
schließlich gemeinhin auf das Denken einwirken. Hier ist der Blick auf das lokale
Einzelphänomen gerichtet. Die Gesamtschau des musikalischen Miteinanders
verbleibt – wie auch anders – im Dunkeln. Das individuelle Gedächtnis schreibt
sich in seiner unbewussten Anpassungsleistung kollektiv. So kommt man sich
näher. So zeigt sich das individuelle Denken insgesamt verbunden mit dem
virtuellen Sozialraum und dem, was, ausgelöst durch lokale Gedankenarbeit an
verschiedenen Netzpunkten, im Globalen dann eigendynamisch resonierend sich
entwirft.
Die Gemeinschaft der ‚global-players‘ bietet das Reizpotential, das das Netzwerk zu kurzgeschlossenen Neuverschaltungen animiert, sie operiert als der willkommene Fehler im System und provoziert das Netz zum entscheidenden Unterschied, der einen Unterschied ausmacht. Die soziale Welt des Netzwerkes lebt von der permanenten Entwicklung der Differenz, das zum Ergebnis das harmonisch zusammenklingende soziale Gedächtnis hat. Die Harmonie des Zusammenklangs ist gerade das Ergebnis der zugelassenen und erwarteten Dissonanz. Das klingt paradox. Doch ist die „Paradoxie [. . . ] die Orthodoxie unserer Zeit.“34
Das Netzwerk soziales Gedächtnis trägt in sich – trotz seiner anerkannten Technizität – die Idee eines menschlich sozialen Wirkens, da die Zuwendung weniger dem Klangwerk als dem gestaltenden Beobachter gilt, der in der Umwelt selektiv waltet und wieder störend einmischt. Es existiert – mit Luhmann – „ein Dekonstruktionsvorbehalt bei allen Unterscheidungen. Man kann, anders gesagt, immer fragen, wer die Unterscheidung trifft (wer der Beobachter ist) und warum er diese und nicht die andere Seite markiert.“35
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