- 285 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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nen, zu transformieren, in der Tonhöhe zu versetzen usw., so daß theoretisch zumindest die Schallwelle, die uns umgibt, vollständig in der Hand des Musiktechnologen liegt. Ihm ist es möglich, aus jedem beliebigen Musikstück Klangstücke herauszuschneiden und sich für eigene Werke nutzbar zu machen. Als Beispiele nannte Enders die Stimme von Bundeskanzler Helmut Kohl, die in einen Rap-Song eingearbeitet ist, und das Mundharmonika-Motiv aus dem Film Spiel mir das Lied vom Tod, das er als Klangbeispiel in einer Techno-Fassung präsentierte. Die Frage ist dabei, ob etwa dieses Mundharmonika-Motiv in dem Techno-Song urheberrechtlichen Schutz beanspruchen kann.

Geht es in diesen Beispielen noch eher um die Praxis des Zitierens, so berichtet Kristian Schulze von anderen Anwendungspraktiken des Sampling-Verfahrens:

In meiner Praxis, wo ich mit vielen Fachleuten zusammenarbeite, mit Produzenten, die zugegebenermaßen heute sehr oft zu mir kommen und schon eine Referenz-CD mitbringen oder mehrere und dann sagen: der Groove in diesem Stück von dem und dem, das hat mir unheimlich gefallen. Das würde ich gerne so haben, daß das so klingt. Oder mir gefällt die Bass drum von Michael Jackson gut. Kannst du die irgendwo frei finden? Gibt's da irgendwo eine Passage, wo die mal allein spielt? Dann können wir die samplen.

Schulze wies darauf hin, daß sich bestimmte originelle Sounds als verkaufsfördernd erwiesen haben und entsprechend häufig "geklaut" werden. Um in diesem Falle aber Urheberrechtsfragen auszuklammern und Plagiatsprozesse zu vermeiden, sei man heute dazu übergegangen, die entsprechenden Sounds nicht zu samplen, sondern "nachzubauen", was bei entsprechender Erfahrung mit den verschiedenen Geräten kein Problem darstelle. Aus dem Bedarf an Sounds habe sich ein eigener Erwerbszweig entwickelt, wo Sounds für die verschiedenen Geräte angeboten werden, die von Sound-Designern entwickelt werden.

Das ist also ein richtiger Markt geworden, und man zahlt auch mehr Geld für bessere Sounds. Das hat sich eigentlich eingespielt, und ich sehe da nicht eine weitergehende Schutzmöglichkeit. Das wird eigentlich über den Markt geregelt. Es gibt inzwischen vier, fünf wirkliche Könner und die haben auch höhere Preise. Auch hier bestehe aber, so Schulze, wie überall in der Computer-Branche das Problem des Software-Diebstahls. Einen urheberrechtlichen Schutz gebe es, so äußerte Bernd Enders zu dieser Thematik, für den Beruf des Sound-Creators bisher noch nicht.

Der Musikwissenschaftler wies auf einen weiteren Problembereich neuer Musiktechnologie hin, die Composer-Software. Dabei handelt es sich um Programme, die Kompositionen oder Teile davon in bestimmten Stilrichtungen selbst erstellen. Daß der Chip von sich aus keinen musikalischen Stil kreieren und kein formal geschlossenes Stück komponieren kann, hatte Enders (zusammen mit Gust) in einem eigenen Vortrag schon zum Ausdruck gebracht.      

Vgl. den Beitrag von Enders / Gust in diesem Band, Seite 157ff.


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