Metapher – Medium – Verstehen. Perspektiven der Forschung 9 Lösungen bereit: » Dazu bedarf es eines Unterrichtes, der den Schüler nicht dort ab-holt wo er steht, sondern ihn behutsam dorthin begleitet, so ihn die Klugheit seiner Metaphern bereits hingeführt hat « .17 Perspektiven für die musikalische Analyse Am Zutreffendsten vielleicht zu beschreiben anhand der divergierenden Tätigkeiten von Architekt und Ingenieur, stellt sich die Frage nach Sinn, Zweck und Methode ei-ner musikalischen Analyse. Sieht der eine sein Streben in der ästhetischen Vollen-dung des Gebäudes, stehen für den anderen nüchterne Kalkulationen zur Statik etc. im Vordergrund. Ein Musikstück ist aber niemals nur das eine oder andere, sondern ein Total aus Struktur und ästhetischem Verstehen. Die Beschreibung einer musika-lischen Struktur erfordert den Begriff. Metaphorische Beschreibung erscheint in die-sem Bereich als potentiell verdächtig, Sachverhalte zu verschleiern. Sie verunklart und verdunkelt die Gedanken, ist allenfalls bei der Beschreibung eines musikali-schen Gehalts akzeptiert oder der Beschreibung emotionaler Qualitäten vorbehal-ten. So oder ähnlich könnte man es dem ingenieursmäßigen Konstrukteur von Musik unterstellen, der für sich eine unzweifelhafte Analysemethode einfordert, die, sofern sie die musikalische Struktur eindeutig explizieren kann, darin bereits den Zweck der Analyse als erfüllt ansieht. Doch übersieht er bei der Ablehnung metaphorischer Beschreibungssprache, dass er sich mit seinen Begriffen Tonhöhe, Klangfarbe, Vor-der-, und Nachsatz bereits längst der Konzeptualisierung einer solchen bedient. Die Metapher wird wegen ihrer Vermittlungs- und Erkenntnispotentiale geduldet und zugelassen, um in Lernprozessen Erfahrungen zu vermitteln und Wissen zu schaffen. Sind Exaktheit, Systematik und Eindeutigkeit hier nun in diesem Sinne als Maxime einer (musik)wissenschaftlichen Sprache anzusehen? Auch diese exakt anmutende Sprache kann das Eigentliche niemals unmittelbar, sondern – wie Goethe in seiner Farbenlehre bemerkt – nur » im Widerscheine aus-drücken « :18 » Die Sprache, die Musik analysiert, überträgt den Ton ins Wort, das Be-griffslose in den Begriff, ein sinnlich unbenanntes Dasein ins sprachlich benannte. Gegenüber dem musikalisch Sinnlichen ist das Benennen immer uneigentlich, meta-phorisch, niemals die Sache selbst.« 19 Ist die Sprache überhaupt ein geeignetes Me-dium, um Sinnliches mitteilbar zu machen? Muss sich eine musikalische Analyse dieser Problematik stellen, die lediglich das Ziel verfolgt, Strukturen offen zu legen und zu zeigen, wie es gemacht ist? Sie tritt nicht anstelle des klingenden Gegenstan-17 Jürgen Oberschmidt: Metaphorischer Sprachgebrauch im Unterricht. Überlegungen zur Evaluierung der Schülersprache. In: Niels Knolle Hrsg., Evaluationsforschung in der Musikpädagogik. Essen 2010, S. 131–154. 18 H. Heinz Holz: Das Wesen metaphorischen Sprechens. In: Rugard Otto Gropp, Hrsg., Festschrift Ernst Bloch zum 70. Geburtstag. Berlin 1955, S. 101–120, hier S. 101.19 Hans Heinrich Eggebrecht: Verstehen durch Analyse. In: Christoph von Blumröder u. Wolfgang Stein-beck, Hrsg., Musik und Verstehen. Laaber 2004, S. 18–27, hier S. 21.