12 Gerhard Schmitt Abb. 1 Metaphernmodell Die auf der Gra k dargestellte Quelle könnte sich aus einem beliebigen Hörein-druck speisen, der über eine Brücke in einen bekannten und bereits mit Worten be-legten Zielbereich gelangt. Lakoff und Johnson weisen anschaulich nach, dass der Mensch auf diese Weise Konzepte entwickelt. Nur so gelingt es ihm, das, was ihn beim Menschsein so beschäftigt, überhaupt erst kognitiv wie emotional aufzuberei-ten.2 Die Analyse der Sprache im Ziel weist Metaphernarten aus, die sich systema-tisch differenzieren lassen in die Hauptarten Strukturmetaphern,3 Orientierungsmeta-phern 4 und ontologische Metaphern.5 Zusammen mit Subarten wie Gefäß- und Sub-stanzmetaphern bewirken sie die Konzeptualisierung von Ereignissen, Handlungen, Tätigkeiten und Zuständen.Der Besuch einer Orchesterprobe (» Ich besuche die Probe « ) impliziert die Kon-zeptualisierung dieses Ereignisses als ein Gefäßobjekt, das durch seine Teilnehmer 2 Lakoff und Johnson 2005, S. 41. Um zu verstehen, was ein Konzept ist, führen die Autoren das bereits legendäre Beispiel des Argumentierens an. Diese lebenslange Tätigkeit des Menschen erscheint zu-nächst völlig Metaphern unverdächtig. Wer aber » eine Position angreift « , » in einer Diskussion unter-geht « oder gar verbal aufrüstet, bedient eine militante Idiomatik. Oder wie Lakoff und Johnson aus-führen: das Konzept Argumentieren ist metaphorisch konzeptualisiert als Argumentieren ist Krieg (Ebd., S. 12).3 In diesem Sinne ist das Konzept Argumentieren eine strukturelle Metapher, weil hier das eine Konzept (die Begriffichkeiten der Kriegsführung) das andere (der Austausch von Argumenten) metaphorisch strukturiert (Ebd., S. 22).4 Die Orientierungsmetapher fußt auf den basalen Erfahrungen der Ausdifferenzierung sämtlicher » Da-ten « zur Raumorientierung wie oben-unten, hoch-tief, vorne-hinten, weit-nahe, dran-weg etc. Sie alle haben eine physikalische Relevanz. Besonders gut nachvollziehbar ist die Opposition oben-unten und die dar-auf basierenden metaphorische Konzeptualisierung Glücklichsein ist oben; Traurigsein ist unten: Man ist obenauf und somit eher glücklich, was in den meisten Fällen mit einer gespannteren Körperhaltung einhergeht und der Kopf buchstäblich nicht gesenkt ist. Umgekehrt ist zu beobachten, dass man ganz unten sein kann und in der Tat ist die Körperspannung dann eher schlaff mit tendenziell gesenktem Kopf.5 Ontologische Metaphern gehen über das Verstehen von Konzepten in den Begriffen der Orientierung hinaus und machen die Erfahrungen mit allem, was dem Menschen konkret wie abstrakt begegnet, also alles potentiell Entitätfähige, zur Bemessungsgrundlage neuer Konzepte. Der Passepartout für diese Bemessung ist Lakoff und Johnson zufolge die Begrenztheit der menschlichen Körpergröße und -oberfäche. Sobald der Mensch erkannt hat, dass er diese Grenzen hat, überträgt er diese Begrenztheit auf alles Seiende (daher ontologische Metapher), auf unendliche Steinwände (vor denen er steht) ebenso wie auf abstrakte Gefühle. Auf diese Weise lässt sich damit umgehen wie mit einem Gegenstand. Nunmehr heißt es also das Gebirge oder das Gefühl: materielle Übermacht wie emotionale Diffusion sind quantiKzierbar geworden.