Musik als Metapher intersubjektiver und gesamtgesellschaftlicher Interaktionsformen Musik als Metapher gesamtgesellschaftlicher Interaktionsformen Barbara Dehm-Gauwerky In der Metapherntheorie, die in der Philosophie und in den Sprachwissenschaften angesiedelt ist, wurde der Begriff der Metapher kontrovers diskutiert. Zudem ist in den Musikwissenschaften die metaphorische Funktion von Musik nicht unumstrit-ten, wenn es auch viele Ansätze gibt, ihr Rechnung zu tragen.1 Ich möchte aus der Perspektive von Alfred Lorenzers Interaktionstheorie 2 diesem strittigen Thema eine dritte Position hinzugesellen, von der aus sich diese Probleme diskutieren lassen. Lorenzers dritte Position ist verknüpft mit seinem Symbolbegriff. Er wird in meinen Ausführungen an zentraler Stelle stehen. Meine Refexionen möchte ich anschaulich werden lassen durch ein Beispiel aus der Entwicklungspsychologie, durch eine Fall-vignette aus der psychoanalytischen Musiktherapie sowie durch eine Analyse aus dem Bereich der Neuen Musik.Einleitung Die Kontroverse in der Metapherntheorie der Philosophie und der Sprachwissen-schaften entzündete sich an der Ersetzungs- oder Interaktionsfunktion der Meta-pher. Die Substitutionstheorien stützen sich auf Texte von Aristoteles.3 Die Meta-pher ist bei ihm » eine ›Übertragung eines Nomens‹, das zu einer anderen lexikali-schen Stelle gehört « .4 Gegen diese Ansicht wendet Gerhard Kurz 5 ein, dass die wörtliche Bedeutung eines Wortes keine ursprüngliche ist, sondern eine spezi sche ihres im Kontext üblichen Gebrauchs. Ob wir einen Satz wörtlich oder metapho-1 Im Jahr 2000 erschien bei Metzler, Stuttgart, der Band ›Klang-Struktur-Metapher, Musikalische Analyse zwischen Phänomen und Begriff‹, hrsg. von Michael Polth, Oliver Schwab-Felisch, Christian Thorau mit weiterführenden Forschungen zum Thema.2 Alfred Lorenzer, Sprachzerstörung und Rekonstruktion, Suhrkamp1970a und Kritik des psychoanalytischen Symbolbegriffs, Suhrkamp 1970b.3 Aristoteles, Poetik, Kp. 22, Rhetorik III, 2, 10, deutsch in: Von der Dichtkunst, Artemis 1950.4 Gerhard Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, Vandenhoeck & Ruprecht 2002, S. 8. 5 Kurz 2002.