24 Barbara Dehm-Gauwerky risch verstehen, hängt von der Situation ab, in der sich Sprecher und Hörer be n-den. Dem sucht die Interaktionstheorie der Metapher Rechnung zu tragen. So stel-len Autoren wie Max Black 6 , Harald Weinrich 7 und Ivor Armstrong Richards 8 die kommunikative Funktion der Metapher in den Vordergrund ihrer Refexionen. Der metaphorische Ausdruck ist den Interaktionstheorien zufolge nicht ersetzbar, son-dern wird als Teil eines kommunikativen Systems behandelt. » Die metaphorische Bedeutung ist daher mehr ein Akt als ein Resultat, ein konstruktive Bedeutungser-zeugung, eine Bewegung von […] zu « .9 Als entscheidend für das Verstehen und die Bedeutung der Metapher wird daher den Interaktionstheorien zufolge ihre Stellung und Funktion im semantischen Kontext angesehen. Diese beruht auf einer semanti-schen Inkongruenz. Es entsteht mit der Metapher ein logischer Bruch. Der Satz » Die Sonne lacht « zum Beispiel enthält eine solche semantische Inkongruenz. Durch den logischen Bruch wird eine neue, sinnliche Ebene des Verstehens eingeführt. Um die Bedeutung einer Metapher zu erfassen, muss daher ein wechselseitiger Interpretati-onsprozess zwischen ihrem sinnlich-unmittelbaren und ihrem diskursiven Aspekt einsetzen. Mit Hilfe dieses Interpretationsprozesses stellt die Metapher im Hörer neue Verbindungen komplexer Vorstellungen her. In dieser Funktion weist sie über sich hinaus. Ihre Nähe zur Poesie ist nicht zu übersehen, wenn sie auch nicht auf diesen Bereich beschränkt ist.Ob diese De nition der Metapher auf Musik übertragen werden kann, Musik überhaupt als Metapher aufgefasst werden darf, hängt mit der Frage nach der Form- oder Inhaltslogik von Musik zusammen.Eduard Hanslick vertrat bekanntlich den Gedanken, dass Musik nichts anderes sei als tönend bewegte Formen. » Tönend bewegte Formen sind einzig und allein In-halt und Gegenstand der Musik « .10 Und auch Igor Strawinsky äußerte sich ähnlich: » Ich halte die Musik aufgrund ihres Wesens für unfähig, irgendetwas auszu-drücken: ein Gefühl, eine Haltung, einen seelischen Zustand, ein Naturphänomen etc. Der Ausdruck war niemals die wesentliche Eigenschaft der Musik. […] Wenn, wie es beinahe immer der Fall ist, die Musik etwas auszudrücken scheint, ist dies nur eine Illusion, aber keine Realität. Es ist nur ein zusätzliches Element, das wir ihr durch eine stillschweigende und weit verbreitete Übereinkunft verliehen und aufge-drängt haben […] und das wir schließlich durch Gewohnheit und Unaufmerksam-keit mit ihrem Wesen verwechselt haben « .11 Dem steht der Gedanke von Helmut Lachenmann gegenüber, der sagt: » Ich sehe keinen anderen Sinn der Musik als den, übers klingende Erlebnis, über die eigene Struktur hinauszuweisen auf Strukturen, 6 Max Black, Die Metapher 1954, in: Anselm Haverkamp Hrsg., Theorie der Metapher, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1983. 7 Harald Weinrich, Die Metapher, Bochumer Diskussion, Poetica 1968, Bd. 2, S.10–30.8 Ivor Armstrong Richards, Die Bedeutung der Bedeutung, Suhrkamp 1984.9 Kurz 2002, S. 18.10 Eduard Hanslick, Vom musikalisch Schönen 1954, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1973, S. 32.11 Zit. nach Johannes Picht, Musik und Psychoanalyse hören voneinander, Vortrag auf dem gleichnami -gen Symposium in der Musikhochschule Hamburg 2010, unveröffentl. Manuskript, S. 4.