Musik als Metapher gesamtgesellschaftlicher Interaktionsformen 27 benannte Szene, Subjekt und Objekt bilden hier noch eine Einheit in einem Situa-tionszusammenhang. Zu den präsentativen Symbolbildungen lassen sich auch die nicht-wortsprachlichen Einigungen zwischen Mutter und Kind vor dem Spracher-werb und zwischen Patientin und Therapeutin in der Musik in der psychoanalyti-schen Musiktherapie zählen. Sie sind auch hier mit einem Evidenzerleben verbun-den und gehen mit einem fortschreitenden Metaphorisierungsprozess einher.Entstehung und Funktion von Metaphern in der Entwicklung des Kindes Ihre Wurzeln hat die Metaphorisierung in der Transformation von Körperimpulsen in mentale Prozesse. Diese Transformation ist eine Überlebensnotwendigkeit für das Menschenkind. Sie beruht auf einem Riss im menschlichen Entwicklungsplan, da Natur und Kultur beim Menschen nie bruchlos einander aufgehen. Menschen sind nicht wie die Tiere mit einem angeborenen Verhaltensschema ausgerüstet. Dieser Riss muss einerseits überbrückt werden und er erhält sich andererseits – wie zu zei -gen sein wird – in den Metaphern selber.Das neugeborene Kind ist angewiesen auf die interpretierende Versorgung durch die Mutter. An dieser Stelle beginnt die Metaphorisierung. Der Schrei des Ba-bys, der in seiner Struktur seinem Körperimpuls entspricht, und das, was dieser Schrei in der Mutter auslöst, kann – und muss – von ihr in einem Zustand gutartiger Regression übersetzt werden. Sie erahnt, was das Baby braucht und schafft Abhilfe. Beide haben sich über die Bedeutung des Schreis geeinigt. Im Zuge dieser Entwick-lung nimmt auch das Ausdrucksmaterial selber – z. B. der Schrei – eine entlastende Funktion an. Körperimpulse nden auf diese Weise Ersatzkanäle, wie bereits Ella Sharpe 23 darstellt. Sie stellen das Material in seiner spezi schen Struktur für den Übersetzungsvorgang zur Verfügung. Von außen betrachtet entsteht Ausdruck. Die Art und Weise, wie das Baby z. B. schreit, bekommt zusehends eine immer differen-ziertere Färbung und damit für seine Beziehungspersonen zunehmend entschlüssel-bare Bedeutungen. Und es entsteht allmählich im Kind ein erster Vorstellungskom-plex, der allerdings vorerst noch ganz in die Versorgungssituation mit der Mutter eingebunden ist und den Charakter der Szenen mit diesem ersten Liebesobjekt trägt. Der Riss erhält sich hier einzig darin, dass in der Gesamtszene z. B. des Schreis zusammen mit der interpretierenden Versorgung der Mutter sich eine Diffe-renz erhält, die Versorgung nie hundertprozentig übereinstimmt mit dem Impuls des Kindes, sondern immer auch ein Rest unübersetzt und unversorgt bleibt.Böhme-Bloem 24 weist in diesem Zusammenhang auf die Rolle der Affektabstim-mung zwischen Mutter und Kind hin. Hierbei spielen die von Daniel Stern 25 so ge-nannten Vitalitätsaffekte eine hervorragende Rolle. Vitalitätsaffekte bezeichnen das 23 Ella Sharpe, Psycho-Physical Problems Revealed in Language: an Examination of Metaphor, Internatio-nal Journal of Psychoanalysis 21, 1940.24 Böhme-Bloem 2002, vgl. Anm. 19.25 Daniel Stern, Die Lebenserfahrung des Säuglings 1985, deutsch Klett-Cotta 1992.