Musik als Metapher gesamtgesellschaftlicher Interaktionsformen 37 Schritt dargestellt werden. In einem zweiten Schritt habe ich die szenischen Struktu-ren, die sich aus der Abstraktion der Einfälle ergaben, mit der Partitur verglichen und nach Analogien gesucht. In einem dritten Schritt habe ich Einblicke in den sozialwissenschaftlichen Dis-kurs der Spätmoderne gesucht und hier nach den Formen des Weltbezugs der Sub-jekte gefragt. Gleichzeitig ist klar, dass dieser Diskurs die präsentative Formulie-rung in der Musik und auch die unbewussten gesellschaftlichen Interaktionsformen nie wird ersetzen können, da sich das Unbewusste und die Musik dem Diskurs nie-mals fügen.Hier sind die prägnantesten Strukturen der Assoziationen meiner Hörer, wie sie sich aus der Abstraktion ihrer Einfälle ergaben. Die damit verbundenen, wesent-lichsten Vorstellungsinhalte und Affekte habe ich in Klammern gesetzt. Hörerassoziationen zum dritten Satz Schnelle, quirlige Bewegung aus der Ferne (glitzernde Sonnenstrahlen, Quel-le, Spinnerin, Wasser, Bienenschwarm), darüber und auch abwechselnd ruhi-ge Bewegung (Klage, größere Schritte, schöne Natur) – aus unterschiedlichen Richtungen kommen sie zusammen und immer näher (das Wasser kommt nä-her, Zusammenfießen in einem großen Fluss, aus den Straßen von New York kommen sie zusammen auf einem Platz) – ganz nah bedrohliche Schläge (ein Bär stürzt sich auf eine Ratte, Schreck, oh wie gefährlich, tut weh, Kampf) – Klappern im Hintergrund – Durcheinander, unübersichtlich (Gezappel, Blät-ter im Wind, Matsch) – im Vordergrund ›Dagegen-Krach‹ – plötzliches Ver-ebben (Steine rieseln, es regnet herab, donnert herab, Sterntaler Beruhigung, das Wasser versickert) – Ruhe? (Wieder so, als wäre nichts gewesen. Doch halt! Der Bär ist noch nicht satt.)Es entsteht ein Raumeindruck in Form einer sich entwickelnden, bedrohlich sich nä-hernden Klang-Wolke.Vergleichen wir die Beschreibungen der Hörer mit den Verhältnissen und Funk-tionen der musikalischen Elemente zu- und füreinander, so lassen sich frappierende Entsprechungen nden.Der Bezug zur Partitur 48 des dritten Satzes Dieser Satz ist vivace cantabile überschrieben. Er beginnt mit schnell fortlaufenden 16tel-Bewegungen im Klavier ppp – pp. Diese Bewegung wird über den ganzen Satz hin durchgehalten. » Durch entsprechende asymmetrische Akzentverteilungen [er-scheinen] verschiedene Arten von Hemiolen und inhärente melodische Patterns […] illusionistische rhythmisch-melodische Gestalten. […] Sie entstehen aus dem Zu-sammenwirken verschiedener Stimmen erst in unserer Wahrnehmung « .49 Die Über-48 Die Partitur des Klavierkonzerts lag mir vor in der Studienausgabe aus dem Schott-Verlag 2003.49 György Ligeti, Zu meinem Klavierkonzert 1988, in: Gesammelte Schriften, Hg. Monika Lichtenfeld, Schott, Basel 2007, S. 296–300, hier S. 297.