38 Barbara Dehm-Gauwerky lagerung verschiedener Modi bewirkt zudem eine Quasiäquidistanzialität, » merk-würdig schimmernd und gleichsam schräg – eine illusionäre Harmonik « .50 Dem entspricht der Eindruck der quirligen Bewegung, den die Hörer zu Beginn des Sat-zes hatten, und das Bild des Glitzernden. Die anfänglich überaus leise Faktur des Satzes erzeugt ein Gefühl von Ferne. Über und neben diesen Gestaltungsprinzipien erklingen ab T. 6 melodische Linien ausgehend von der Klavierstimme zuerst in ab-fallenden Sekundschritten, dann aber zusätzlich auch in erweiterten Melodiebildun-gen und in anderen Instrumenten.51 Dies mag Assoziationen hervorgerufen haben, die sich mit ruhigeren Bewegungen konnotieren lassen, z. B. Klage, größere Schritte. Dabei wird die Instrumentierung des Orchestersatzes ständig komplexer. Die Spannweite der Frequenzen erweitert sich bis zu extrem hohen und extrem tiefen Lagen. Die Lautstärkedifferenzen stei-gen an und die Polyphonie des Satzes wird dichter. Zunehmend dominiert das Kla-vier das Orchester. Mit dem Anschwellen der Lautstärke und der Vergrößerung des Ambitus, durch die wachsende Komplexität, verbunden mit den Anklängen an au-ßereuropäisches Material, polyphoner Satzstruktur und gleichzeitig mit der stetig fortgeführten 16tel-Bewegung im Klavier entsteht der Eindruck von Näherkommen aus unterschiedlichen Richtungen.Die Bongo-Pattern, die ab T. 31–48 leise mitlaufen und ab T. 61 vom mp sich stei-gernd bis zum ff in T. 64 deutlicher hervortreten, werden wahrgenommen als Ge-klapper im Hintergrund. Diese Steigerung zusammen mit den in T. 64 zum ffff eska-lierenden Akzenten in Orchester und Klavier werden als bedrohlich erlebt. Es ent-steht die Fantasie von einer Kampfsituation.Ab T. 76 differieren zusätzlich Xylophonpattern mit Illusionsmelodik metrisch einerseits mit der Akzentmelodie im Klavier und andererseits mit den Melodiebil-dungen in den Streichern. Das nun erreichte Ausmaß an Komplexität überfordert offensichtlich die Hörer, so dass es schließlich als Durcheinander oder Unübersicht-lichkeit vermerkt wird. Die Dominanz des Klaviers mit den metrisch verschobenen Akzenten erzeugt den Eindruck von Dagegen-Krach. Nach der noch weiter und ex-trem ansteigenden Lautstärke schließlich mit den in T. 86/87 synkopischen sffff–Ak-kordmixturen im Klavier zusammen mit den fff-Akkorden in den Bläsern – wird der 50 Ligeti 1988/2007, S. 297 51 Die Notenbeispiele entnahm ich Floros 1988.