Topographie musikbezogener Metaphern auf empirischer Basis Günter Kleinen Zentrale Forschungsfrage: Was macht die innere Erfahrung der Musik aus?Ich beginne mit einem Zitat: » All' die phantasiereichen Schilderungen, Charakteris-tiken, Umschreibungen eines Tonwerks sind bildlich oder irrig. Was bei jeder anderen Kunst noch Beschreibung, ist bei der Tonkunst schon Metapher. Die Musik will nun ein-mal als Musik aufgefasst werden und kann nur aus sich selbst verstanden, in sich selbst genossen werden.« 1 In diesen Ausführungen zur Metapher scheint Eduard Hanslicks ästhetische Grundposition durch, nach der das » Componieren … ein Ar-beiten des Geistes in geistfähigem Material [ist]« 2 und dass » tönend bewegte For-men einzig und allein Inhalt und Gegenstand der Musik « 3 seien. Nach Hanslick lie-gen die Metaphern außerhalb der Musik, sie haben für diese nur eine mindere, nachgeordnete Bedeutung, sie sind eben » bildlich oder irrig « . Freilich folgt die musikalische Wahrnehmung eigenen Gesetzen, wie sie in den letzten 150 Jahren von Psychologie und Musikwissenschaft untersucht und nachge-wiesen wurden. Danach werden die Gestalten, mit denen wir die Wahrnehmung strukturieren (Wahrnehmung ist ein aktiver Vorgang), stets als » sinnhaft und aus-druckshaft « 4 erlebt, ihnen haften Sinn und emotionaler Ausdruck an. Wie Felix Krueger gesagt hat, gibt es ja » keine gefühlsleeren Erlebnisaugenblicke; soweit überhaupt etwas erlebt wird, so zum mindesten Gefühl oder allgemeinste Ge-stimmtheit « .5 Die Metapher im Sinne der Neueren Linguistik 6 hat viel mit körperli-1 Eduard Hanslick, Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst, Leipzig 1854, S. 34. Hervorhebung durch G. K.2 Ebd., S. 35.3 Ebd. S. 32.4 Albert Wellek, Musikpsychologie und Musikästhetik. Grundriss der Systematischen Musikwissenschaft, Frankfurt am Main: Akademische Verlagsgesellschaft 1963, 204.5 Ebd.6 Vgl. George Lakoff und Mark Johnson: Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbil-dern: Metaphors we live by (Chicago 1980). 4. Auf. 2007; George Lakoff: Women, Kre, and dangerous things: What categories reveal about the mind. Chicago: Chicago Press 1987; George Lakoff: The contem-porary theory of metaphor, in: Andrew Ortony (Hg.), Metaphor and thought. Cambridge: Cambridge Univ. Press. 1993, S. 202–251.